Goodbye Mr. Principal! Clara Kuhle (7c) und Emma Stiepel (7a) befragen den scheidenden Schulleiter Herrn Ovelgönne zu seinem Abschied vom WG.
Letzte Amtshandlungen: Zeugnisse unterschreiben. |
Wieso verlassen Sie die Schule?
Weil ich leider nicht Schulleiter an zwei Schulen gleichzeitig sein
kann und die Tatsache, dass ich es sehr reizvoll finde, eine sehr gute Schule
im Ausland zu leiten, nicht verknüpfen kann mit dem augenblicklichen Zustand,
dass ich hier eine ganz tolle Schule in Deutschland leite. Auch die Verlockung,
nochmal ins Ausland zu gehen, auch mit meiner Familie, an solch eine Schule war
so groß, dass ich schweren Herzen bereit dafür bin, das WG zu verlassen. Ganz
klare Aussage von mir, ich will hier nicht weg, aber ich will dahin: nach New
York.
Das ist reizvoll. Ich hoffe, ihr habt dafür Verständnis und auch die
gesamte Schulgemeinschaft, das ist die Situation, die sich für mich ergeben hat:
Die Stellen werden ausgeschrieben und man kann sich darauf bewerben. Ich freue
mich, dass sich das so positiv entwickelt hat - sowohl die Beurteilung hier in
Braunschweig von der Dezernentin als auch in Berlin als auch dann in New York
bei einem brettharten Assessment [Bewerbungsverfahren, Anm. d. Red.], wo ich
mich eine Woche lang durchgesetzt habe gegen knapp 50 Mitbewerber und jetzt
diese Chance habe, die Stelle zu nehmen. Das führt dazu, dass ich leider das WG
verlassen muss. Mir geht es super gut. Manchmal wache ich nachts auf und denke,
was machst du eigentlich? Warum veränderst du irgendwas? Aber es ist einfach
auch der Reiz des Neuen, der großen weiten Welt, und New York ist schon auch
echt eine heiße Stadt.
Sie haben ja schon über New York
geredet. Das heißt, die nächste Frage wäre gewesen, wo gehen Sie hin. Also es
ist ja in New York, aber ...
New York ist eine riesige Metropole, da wohnen ja zehn Millionen
Menschen. Wir haben diese deutsche Schule, German International School New
York, ungefähr 35 Meilen außerhalb in einem Ort, der White Plains heißt. Das
ist inmitten von mehreren kleineren Ortschaften, die nördlich von Manhattan
liegen und wo viele Familien wohnen, deren Elternteile in der Stadt arbeiten,
also direkt in Manhattan, in Brooklyn oder der Bronx, deren Kinder aber dort
zur Schule gehen, weil sie da eben das deutsche Abitur machen können.
Die neue Schule vergibt zwei Abschlüsse. Einmal das New York High School
Diploma, also den amerikanischen Abschluss, damit man an die Universität gehen
kann, aber eben auch das deutsche Abitur. Und weil viele Expats dort wohnen - so
heißen die, die aus Deutschland von den Firmen nach New York geschickt werden,
damit sie da drei, vier Jahre arbeiten und dann zurückkehren nach Deutschland
-, muss man ja irgendwie für die Kinder sorgen. Die können ja nicht in der Luft
hängen und dann unterschiedliche Systeme bedienen, und so gibt es die
Möglichkeit, dass sie in New York das deutsche Abitur bekommen. Die Schule ist,
wie gesagt, dort 35 Meilen außerhalb von Manhattan. Man fährt mit der Bahn
genau 30 Minuten und ist an der Grand Central Station, dem großen Bahnhof, und
dem Puls einer der faszinierendsten Metropolen der Welt.
Lieblingsautor: Shakespeare. |
Kommen Sie irgendwann wieder oder bleiben Sie jetzt in New York?
Ich komme wieder. I'll be back. Definitiv, weil die Zeit an der
deutschen Auslandschule befristet ist. Man bekommt entweder drei Jahre, kann
drei Jahre verlängern und dann maximal noch mal zwei Jahre sonst in der Welt,
aber die Amerikaner vergeben nur ein Visum bis maximal sechs Jahre. Das heißt,
ich habe jetzt einen Sechsjahresvertrag unterschrieben, und den kann ich auch
nicht verlängern. Man kann eventuell schon nach vier Jahren oder fünf Jahren
wieder zurückkommen, wenn die Lebensumstände es mit sich bringen. Aber wir gehen
jetzt zwischen vier und sechs Jahre nach Amerika und kommen dann definitiv
zurück. Und wo ich dann unterkommen kann, das weiß man nicht. Irgendwo zwischen,
ich sage mal, Hankensbüttel und Göttingen, zwischen Helmstedt und Peine.
Sind Sie sehr traurig, dass Sie
diese Schule verlassen?
Ja.
Wieso?
Weil es ein wunderbares Arbeiten ist. Es sind hier ganz, ganz tolle
Schülerinnen und Schüler. Es ist ein ganz starkes Kollegium. Es sind sehr
unterstützende, manchmal auch fordernde Eltern. Und ich glaube, hier kann man
ganz viel bewegen. Die Mehrzahl der Schülerinnen und Schüler ist lernwillig und
fähig. Das ist eine sehr gute Kombination, wenn man kann und will. Außerdem
haben wir hier in der Innenstadt eine tolle Lage, viele Möglichkeiten, ganz
viele Aktivitäten. Und ich fühle mich hier rundum total wohl.
Was halten denn Ihre Familie und oder Ihre Freunde davon, dass Sie nach New York gehen?
Meine Familie ist auch zwiegespalten. Ich bin mit meiner Frau ja schon
seit vielen Jahren zusammen. Und wir sind viel von Anfang an, als wir uns vor
36 Jahren kennengelernt haben, gereist. Wir haben uns gemeinsam dafür
entschieden, dahin zu gehen, und meine Frau freut sich auch total drauf. Meine
Kinder sind 14 und 15. Auch die freuen sich, wir waren zufällig in New York
letztes Jahr und haben uns schon mal die Schule ansehen können, weil die Stelle
kurz davor ausgeschrieben wurde. Auch die Jungs finden New York faszinierend
und freuen sich darauf, da zu wohnen. Aber sie haben auch ein weinendes Auge,
weil sie ihre Freunde und Fußballvereine und alles, was sie so haben,
zurücklassen müssen. Das ist schon nicht ganz einfach. Unsere Freunde in der
Nachbarschaft sind total nett, weil sie eben sagen, dass sie es schade finden,
aber sie freuen sich, dass wir dann auch zurückkehren, und wir werden natürlich
in unser Haus zurückkehren, wenn wir wiederkommen.
Wann sind Sie an der neuen
Schule?
Mitte August dieses Jahr. Ich fliege wahrscheinlich Anfang August
rüber. Meine Familie kommt Mitte August nach. Der Container kommt dann irgendwann,
weil wir aus unserem Haus ausziehen. Wir nehmen ein paar Sache mit. Die Schule
dort beginnt aber erst Anfang September. Das macht eine lange Zeit Sommerferien
für meine Jungs, die freuen sich darüber.
Wird unsere neue Schulleitung
auch Englisch unterrichten?
Nein. Es ist noch nicht offiziell, aber es sieht sehr gut aus, dass wir
eine ganz tolle Nachfolge bekommen. Und die Bewerbungen, die bislang hier
eingegangen waren, da hatte keiner diese Kombination. Das heißt, die Fächerwahl
ist dann zweitrangig. Und es werden momentan, wie es aussieht, andere Fächer
werden, die die Nachfolge unterrichtet.
Was für Erfahrungen haben Sie an
dieser Schule gesammelt?
Ganz, ganz viele. Und ich habe bei meinem Bewerbungsverfahren gemerkt,
dass ich ohne die Erfahrung hier am Wilhelm Gymnasium vermutlich nicht,
zumindest nicht so leicht, diese Stelle bekommen hätte. Woran mache ich das
fest? Wir haben eine breitgefächerte Schülerschaft mit Schülerinnen und
Schülern, die Unterstützung brauchen, gefördert werden müssen, aber auch jene, die
sehr viel können und mehr Futter brauchen als andere. Das ist ein Bereich, mit
dem ich bei dem Auswahlverfahren auch konfrontiert wurde.
Ich musste außerdem eine Aufgabe erledigen, innerhalb von einer Stunde
drei E-Mails, die eingegangen sind, auf Englisch lesen, den problematischen
Sachverhalt durchdringen, einen Lösungsvorschlag erarbeiten und auch gleich auf
Englisch antworten und sie wegschicken. Man hatte also maximal 20 Minuten Zeit
pro Vorgang, und dadurch, dass ich hier am WG sehr viele Mails bekomme und auch
eine Menge Probleme lösen musste, war ich daran relativ gut geschult. Das mache
ich hier natürlich auf Deutsch, aber ich bin Englischlehrer, also ist Englisch
kein Problem. Ich habe auch schon mal in England gelebt. Das ist ein konkretes
Beispiel, wo ich sehr gut vorbereitet wurde auf diese Überprüfung und deswegen
dann auch die Stelle bekommen habe.
Dazu kommen auch Dinge wie Diversität, Selbstbestimmung, Vielfalt, auch
Konfliktbewältigung. Es gibt immer bei 1000 Schülerinnen und Schülern, 100
Lehrkräften und 2000 Eltern auch mal Konflikte. Da hat man dann eine gewisse Erfahrung,
und die Ideen, die ich hier bekommen habe, konnte ich in das Bewerbungsverfahren
einbringen.
Wie lange waren Sie denn auf
dieser Schule?
2017 habe ich hier angefangen. Es gibt ja manchmal das verflixte siebte
Jahr, aber das ist überhaupt kein verflixtes Jahr, sondern ein tolles Jahr
hier. Ich habe angefangen am 1. August 2017 und jetzt, am 31. Juli 2024, endet
das Ganze, also nach genau sieben Jahren. Ich habe angefangen damals mit der
Klasse 5, und eigentlich wollte ich den Frühlateinern aus der 5, die ich drei
Jahre unterrichtet habe, auch die Abiturzeugnisse überreichen. Dafür fehlen
zwei Jahre. Ich habe aber zwischenzeitlich Klasse 11 unterrichtet und jetzt
gerade meinen Leistungskurs in 12 und 13. Das heißt, ich habe mit der 5
angefangen. Ich höre jetzt mit der 13 auf. Ich habe nicht alle Jahrgänge
dazwischen geschafft, dafür reichte die Zeit nicht, aber immerhin eine große Bandbreite
kennengelernt. Zudem habe ich auch die Fußball-AG geleitet und unterschiedliche
Aktivitäten machen dürfen, und wir waren auf Kursfahrt. Ich habe das WG in
vielen Facetten kennengelernt und sehr genossen.
Was war die schönste Erfahrung,
die Sie hier gesammelt haben?
Die schönste Erfahrung? Da waren einige. Das waren einmal abseits vom
Unterricht diejenigen Erfahrungen, wenn man mit Schülerinnen und Schülern
unterwegs war, sei es mit der UNESCO-Gruppe in Lissabon oder mit meinem
Leistungskurs in Schottland, da haben wir so tolle Erlebnisse gehabt, ob das im
Museum war, wo sich die Museumswärter gefreut und hinter bedankt haben für so
eine tolle Gruppe, oder als wir auch im September gebadet haben, nicht mit
allen, aber mit denen, die tough genug waren und in die kalte See gesprungen
sind. Dann Unterricht insgesamt immer viel Freude bereitet. Aber die schönste
Erfahrung war vielleicht, als eine ukrainische Familie interviewt wurde und die
Eltern sagten, sie hätten ihr Kind angemeldet und seien so dankbar, dass das
Kind hier zur Schule gehen kann und sich sehr, sehr wohlfühlt, weil es von der
Klasse gut aufgenommen und von tollen Lehrern betreut wurde. Das war für mich
eigentlich mit die schönste Erfahrung.
Auf was freuen Sie sich am
meisten auf der neuen Schule?
Dass ich in einem internationalen Kontext mit Menschen aus
verschiedenen Regionen Deutschlands, aber auch der Welt zusammenarbeiten werde.
Es sind ja auch viele Menschen da, die aus der Schweiz kommen, aus Österreich,
vielleicht auch aus ganz anderen Ländern. Es ist eine sehr bunt gemischte, eine
vielfältige Gemeinschaft. Dazu kommen dann die neuen Herausforderungen, die ich
dort an einer privaten Schule sammeln werde, wo ich mit ganz vielen Neuen in
Kontakt trete. Meine Nachbarschule ist halt nicht wie bei uns hier 150 m
nebenan über die Oker, sondern das ist dann die deutsche Schule in Washington
und auf der anderen Seite die deutsche Schule in Boston. Das sind aber zwei,
drei Stunden Autofahrt. Das heißt also, man muss mit anderen Entfernungen
klarkommen. Man lernt Kolleginnen und Kollegen kennen, die in der ganzen Welt
verstreut sind.
Wir machen einen Vorbereitungslehrgang in Bonn und da treffe ich alle,
die neu als Schulleiter:innen in der Schule unterwegs sind. Da ist einer in
Singapur, einer in Genf. Das waren auch die zwei, die Mitbewerber waren, die
haben New York nicht bekommen, sind aber jetzt auch im Ausland. Und auch mit
denen zusammenzuarbeiten, darauf freue ich mich, und natürlich eben auf die
Schülerinnen und Schüler an einem anderen Fleckchen auf dieser wunderschönen
Welt, wie die so ticken, was die für Erfahrung haben, für Wünsche und für
Fähigkeiten.
da gibt’s ’nen Club, der ist bekannt |
Sie sind ja Fußballfan von
Eintracht.
Ja.
Finden Sie es schade, dass Sie
dann nicht mehr zu den Spielen gehen können?
Ja, total. Wir waren ersatzweise, als wir in Boston Freunde besucht
haben, mal beim Baseball, das war ein tolles Spiel, das war total spannend. Mit
dem letzten Schlag wurde entschieden und der Ball flog in die Luft und landete
dann entweder im Feld und die Heimmannschaft hat gewonnen oder außerhalb des
Feldes und sie hätte verloren. Es ging um diesen letzten Punkt mit dem letzten
Schlag und dann ist die ganze Stadt ausgeflippt. Das war schon so nah dran,
aber zwischenzeitlich, wenn alle Leute aufstehen und rausgehen, um Hot-Dog zu
holen, das ist schon eine andere Kultur. Meine Jungs sind ja auch Eintracht
-Fans, wir haben eine Dauerkarte und gehen ins Stadion, ja, das wird uns
definitiv fehlen.
Dann war’s das von unserer
Seite. Danke, dass wir hier sein durften.
Super Interview
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