Dienstag, 4. Juni 2013

Seid nicht so quadratisch! Isabel Bustos, Fremdsprachenassistentin am WG, verabschiedet sich von Deutschland. Mit ihr sprach Sara Specht.


 Isabel Bustos, 23 Jahre, geboren in Spanien, hat drei Jahre in Granada und ein Jahr in Schottland studiert und ist seit ihrem Bachelor-Abschluss seit 18 Monaten Jahren in Deutschland. Ihre Familie wohnt in Alcazar im Zentrum Spaniens, eine Autostunde von Madrid, in der Region Castilla la Mancha, Provinz Ciudad Real.
Außer Deutsch und Spanisch, welche Sprachen sprichst Du noch?
Englisch, weil ich ein Jahr in Schottland war, in Edinburgh, da habe ich mein zweites Jahr in der Uni gemacht mit einem Erasmus Stipendium. In der Uni habe ich auch für ein Jahr Arabisch gelernt, und seit drei oder vier Wochen lerne ich auch Portugiesisch.
Wie ist Arabisch als Sprache?
Einfacher als Deutsch, aber sehr schön. Ich habe damit aufgehört, weil ich nach Edinburgh umgezogen bin und man dort kein Arabisch lernen konnte. Das war schade.
War es schwer für Dich, Deutsch zu lernen?
Ja klar. Deutsch ist eine sehr sehr schwierige Sprache. Weil wir auf Spanisch z. B. keine Deklinationen und auch nur Femininum und Maskulin haben und kein Neutrum und es anders klingt und neu ist.
Hast Du eine Lieblingssprache?
Spanisch auf jeden Fall, weil eine Sprache immer mit einer Kultur verbunden ist, aber Deutsch auch, ich mag es gerne. Deswegen bin ich hier und will hier für ein paar Jahre bleiben, aber nicht für immer.
Wie kamst Du auf die Idee nach Deutschland zu kommen?
In der Uni habe ich Englisch und Deutsch gelernt, und ich wollte mein Deutsch verbessern, neue Erfahrungen sammeln, und dann fand ich es so cool, dass ich noch ein Jahr bleiben wollte.
Erfüllt Deutschland Deine Vorstellungen und Erwartungen?
Ja, also man hat immer Klischees und Vorurteile, und ich hatte auf jeden Fall welche. Aber ich hatte sehr hohe Erwartungen, als ich herkam, und ich fühle mich hier wie zu Hause.
Und haben sich die Klischees als wahr herausgestellt?
Manchmal ja, manchmal nicht. z. B. muss man in Deutschland immer viele Dokumente zeigen, alles bekommt immer einen Stempel und eine Unterschrift.
Was gefällt Dir am meisten an Deutschland?
Die Menschen. Ich war total überrascht. Man denkt in Spanien, dass die Menschen in Deutschland ganz kalt und distanziert sind, und das ist überhaupt nicht so. Ich habe viele Freunde, alle meine Freunde hier sind Deutsche, ich hatte keine Probleme, und sie haben mir immer geholfen.
Was gefällt Dir gar nicht an Deutschland?
Das Wetter. Also ich habe schon zwei Winter in Deutschland überlebt. Fünf Monate ohne Licht, ohne Sonne, ich dachte, ich drehe körperlich durch.
Findest Du Deutschland ist sehr anders als Spanien?
Ja, eine andere Welt! Und nein, also wir sind in Europa, und in Europa sind alle Länder mehr oder weniger ähnlich, aber ja, also die Menschen sind anders, das Leben, die Kultur. Aber das heißt nicht, dass es schlechter ist, es ist einfach anders.
Findest Du, Deutschland und Spanien könnten etwas voneinander lernen?
Ja, wir können immer von jedem Menschen, von jeder Kultur von jeder Sprache etwas lernen. Aber ich will nicht die Deutschen und auch nicht die Spanier verändern. Wir sind so, wie wir sind, und die Deutschen sind so, wie sie sind. Also ich bin nicht mehr so, wie ich war, als ich herkam. Ich habe viel gelernt, aber ich lerne nicht von einer Kultur, sondern von Menschen, die ich kennen gelernt habe, von Erfahrungen, die ich gesammelt habe.
Vermisst Du Spanien sehr?
Ja! Vor allem meine Familie, das Wetter, meine Freunde, das Essen, und manchmal ist es schwer. Ich war im Dezember das letzte Mal zu Hause, und wenn ich im Mai nach Hause fliege, dann war ich fünf Monate nicht da, und das ist echt schwer. Zum Glück haben wir Skype, aber es ist nicht dasselbe. Manchmal ist es ganz, ganz schwer. Aber wie gesagt, ich fühle mich hier wie zu Hause, also ich fühle mich nicht alleine oder so.
Würdest Du das Ganze wiederholen?
Ja, auf jeden Fall! Ja. Ich habe so viele Leute kennen gelernt, bin so viel gereist und habe so viele Länder besucht, ich bereue es nicht. Ich würde es wieder machen.
Kannst Du Dir vorstellen, später einmal hier zu leben?
Ja, ich finde das Leben in Deutschland toll, ich finde es cool, sehr angenehm. Ich kann mir vorstellen, dass ich hier ein paar weitere Jahre bleibe. Mir gefällt das. Ich würde beispielsweise nicht so gerne zurück nach Schottland oder Großbritannien. Normalerweise hört man mal eher, dass die Leute im Umkreis Braunschweigs sehr unfreundlich seien und Neuankömmlinge nicht integrieren. Aber das stimmt überhaupt nicht. Also, das ist meine Erfahrung, vielleicht gibt es Leute, die anders denken.
Wenn Du den Deutschen einen Rat geben könntest, was würdest du sagen?
Ich würde euch empfehlen, ein bisschen lockerer zu sein, aber nicht im Sinne von verrückter, sondern weniger strikt und quadratisch, wie wir in Spanien sagen („quadrados“). Manchmal gibt es so viele Regeln, weißt du, zu viele. Ich glaube, man ist glücklicher, wenn man nicht so viele hat.
Du warst das erste Jahr an der Ricarda-Huch. Wie kam es, dass du ausgerechnet an diese Schule kamst?
Ah, ich sollte drei Wünsche aufschreiben: drei Bundesländer. Erst einmal habe ich Nordrheinwestfalen, dann Berlin, dann Niedersachsen angegeben. Und ich habe das dritte bekommen. Jetzt freue ich mich total, aber erst dachte ich: „Ey, wo bin ich hier?“ Also jetzt finde ich es total gut, schön, aber ein bisschen zu klein.
Warum bist Du nach der Ricarda-Huch an das WG gekommen?
Also ich wollte an der Ricarda bleiben, aber ich durfte nicht. Wenn man Fremdsprachenassistentin ist, darf man nur ein Jahr an einer Schule sein.
Freust du Dich wieder auf Spanien?
Ja, aber vielleicht bleibe ich noch ein Jahr hier. Vielleicht ziehe ich hierher. Ich würde gerne zurück nach Spanien, aber die Situation ist dort mit der Arbeit nicht so schön.
Und Deine Familie? Hast Du Geschwister?
Ja, einen Bruder, der neun Jahre alt ist. Der heißt Jesus (das ist in Spanien ein ganz normaler Name!). Mein Vater heißt auch Jesus und ist Lehrer, und meine Mutter heißt Teresa.
In welchen Ländern warst Du schon?
Ich war in Tunesien, in der Türkei, in Frankreich, England, Schottland, Deutschland, Italien, Ungarn, Österreich, Portugal und in der Schweiz.
Was ist der schönste Ort der Welt für Dich?
Der schönste Ort der Welt ist für mich die Wüste Sahara. Die Leute da, die haben nicht viel im Leben, aber die sind so glücklich. Und der Abendhimmel ist wunderschön. Man kann die Milchstraße sehen.

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