Mittwoch, 24. April 2024

Europawahl: Die LINKE

„Wir sehen die Zukunft in einem Sozialbündnis“. Jorrit Bosch, Co-Kreisvorsitzender Die LINKE Braunschweig, antwortet auf die Fragen von Martino Rossi (9m1).

 

In den nächsten beiden Monaten werden wir anlässlich der Europawahl am 09. Juni 2024 Interviews mit den einzelnen Parteien auf dieser Seite veröffentlichen, um die wahlberechtigten Schüler/innen des Wilhelm-Gymnasiums bestmöglich auf die Wahl vorzubereiten. Wir veröffentlichen die Antworten der Parteien in der Reihenfolge, in der sie bei uns eingegangen sind. Viel Spaß beim Anschauen!


3. AfD
5. Die LINKE
6. ÖDP
7. FDP
8. SPD


 

Was sind die Grundsätze Ihrer Partei (in höchstens drei Sätzen)?

Gerechtigkeit – Knapp jeder Fünfte lebt in Deutschland in Armut, während das Vermögen von Multimilliardären weiter wächst, daher wollen wir eine Umverteilung von oben nach unten mithilfe einer Vermögensteuer, damit der Großteil der Gesellschaft davon profitiert.

Gleichheit – Chancengleichheit sollte für alle Menschen gelten, was bedeutet, wenn man später studieren oder arbeiten möchte, sollte dies nicht vom Geldbeutel der Eltern, der Herkunft oder des Geschlechts abhängen.

Sozialistisch – Ob Klima, Arbeit oder Gesundheit, unser Wirtschaftssystem (der Kapitalismus) beutet die Natur sowie den Menschen aus und zerstört unsere Lebensgrundlage, da sie statt auf Menschlichkeit auf Profit und Gier aufbaut.

 

Wie lauten die aktuell wichtigsten Ziele Ihrer Partei?

Wir möchten uns im Europäischen Parlament für unsere Kernthemen – Vereintes Europa, Demokratie, soziale und klimagerechte Politik, Gleichberechtigung, Menschenrechte und ein Ende von Korruption und Profitlobbyismus – einsetzen. Unser Ziel ist eine sichere und solidarische Gesellschaft. Keine Wohnungsnot, keine Niedriglöhne, keine Hetze, kein Hass, sondern ein sicheres Zuhause, ein gutbezahlter Job, eine Absicherung für alle, die ihren Job verlieren und ein faires sowie friedliches Miteinander.

 

Stehen Sie der Europäischen Union eher positiv oder negativ gegenüber? Warum?

Wir haben zahlreiche Kritikpunkte an der EU in ihrer jetzigen Form: Sie ist undemokratisch, zu sehr an den wirtschaftlichen Interessen von Großkonzernen orientiert und auch ihre fortschreitende Militarisierung sehen wir mit Sorge. Die Europäische Union in ihrer jetzigen Form ist ein Wirtschaftsbündnis, wir sehen die Zukunft in einem Sozialbündnis.

Europa ist aber auch ein wichtiges Friedensprojekt und hat viel Potential für solidarische internationale Zusammenarbeit, beispielsweise wenn es darum geht, zusammen mit anderen Ländern gegen die Übermacht von Milliardenkonzernen zu bestehen. Hier hat Europa in den letzten Jahren bereits Wichtiges erreicht, beispielsweise bei der Stärkung unserer Rechte gegenüber Internetplattformen - wir glauben, dass wir noch mehr schaffen können. Dafür braucht es auf europäischer Ebene Parteien, die den Konzern die Stirn bieten.

 

Was streben Sie im Bereich Bildung an?

Hast du schon mal von Bildungsungerechtigkeiten gehört? Diese entstehen schon im Kindergartenalter: Während manche Eltern ihrem Kind vorlesen, Instrumente spielen, Ausflüge ermöglichen, ist es anderen Eltern nicht möglich, ihre Kinder zu fördern, weil sie arbeiten müssen, ihr Kind alleine großziehen oder das Geld für das Instrument nicht reicht. Kindliche Bildung hängt also vom Geldbeutel der Eltern ab.

Die Grundschule baut diese Ungerechtigkeiten ab, weil alle Kinder gemeinsam lernen, spielen und Zeit verbringen. Doch unser Bildungssystem, mit der Aufteilung in Gymnasium und Oberschulen, Realschulen oder Hauptschulen, verstärkt diese Ungerechtigkeiten ab der fünften Klasse enorm. Statt Kinder viel zu früh in „gut“ und „schlecht“ einzuteilen, fordern wir, dass Kinder und Jugendliche möglichst lange gemeinsam lernen. Studien zeigen nämlich, dass alle Kinder und Jugendliche davon profitieren würden. In Finnland ist das bereits Praxis. Dort gehen Kinder von der ersten bis neunten Klassenstufe in eine Klasse.

Wir sagen: Weg mit der Einteilung in Gewinner und Verlierer! Es wird Zeit, dass weiterführende Schulen in Gesamtschulen aufgehen und allen Kindern gleiche Chancen geboten werden.

 

Wie wollen Sie das Klima schützen?

Eine Studie des Umweltbundesamts zeigt: Wer mehr verdient, lebt meist umweltschädlicher. Das liegt zum Beispiel daran, dass Besserverdienende häufiger mit dem Auto fahren, mehr Flugreisen unternehmen und größere Wohnflächen nutzen.

Auch hier in Europa sind die Auswirkungen des Klimawandels bereits spürbar. Wir Linke erkennen die Klimakrise als die zentralste Bedrohung der globalen Gesellschaft an und setzen uns dafür ein, Elektrizität in Europa bis 2035 zu 100% klimaneutral zu erzeugen, Städte durch Förderprogramme dabei zu unterstützen, klimafreundliche Wärmenetze aufzubauen und die Bahn (inklusive einem europäischen Fernverkehrsnetz, das diesen Namen verdient) auszubauen.

Die Kosten dafür müssen gerecht verteilt sein. Das bedeutet zum einen, dass Unternehmen CO2-Steuern nicht auf ihre Kunden abwälzen dürfen, wo sie die Ärmsten am stärksten betreffen, die den geringsten Anteil am CO2-Ausstoß haben. Zum anderen bedeutet das, dass wir uns für weltweite Klimagerechtigkeit einsetzen. Wir in Europa verdanken unseren Wohlstand unter anderem dem Fakt, dass wir jahrhundertelang von fossilen Energieträgern profitiert haben. Länder des Globalen Südens, die darauf verzichten dasselbe zu tun, sollten entschädigt werden. Ebenso wollen wir diese Länder durch Forschungsprojekte und finanziell dabei unterstützen, mit den nicht mehr vermeidbaren Folgen des Klimawandels fertig zu werden.

 

Halten Sie Rechtsextremismus für ein Problem? Wenn ja, wie wollen Sie ihn bekämpfen?

Seit jeher stellen wir uns dem Rechtsextremismus entgegen. Wir stehen für die Gleichheit aller Menschen und sehen das Erstarken rechter Parteien in vielen Ländern Europas als eine ernstzunehmende Bedrohung. Dafür verantwortlich ist auch eine Kürzungspolitik in Deutschland und Europa, die Armut von großen Teilen der Bevölkerung in Kauf nimmt, um Konzernen steigende Profite zu ermöglichen, sowie bürgerliche Parteien, die im Versuch, Wählerstimmen zurückzugewinnen, die menschenverachtenden Forderungen rechtsextremer Parteien übernehmen. Die Antworten von Rechtsextremen sind einfache Sündenböcke in gesellschaftlich schwächeren Positionen – Migranten, geflüchtete Menschen, queere Menschen und arme Menschen.

Wir glauben fest daran, dass alle Bevölkerungsgruppen friedlich leben würden, wenn es keine Neiddebatten geben würde. Hoch lebe die Solidarität!

 

Denken Sie, dass wir eine „Festung Europa“ unbedingt verhindern sollten, wir also alle Menschen in Not aufnehmen sollten? Oder wollen Sie Menschen in Not nicht aufnehmen?

Wenn Europa die Grenzen dicht macht, werden weiterhin Menschen vor Krieg, Vertreibung und Hunger nach Europa flüchten. Eine Festung Europa würde nur mehr Leid und Probleme für Geflüchtete bringen. Wir wollen, dass Fluchtwege sicher sind, Menschen nicht über das Mittelmeer flüchten und sich in große Gefahr bringen. Wir stehen ohne Wenn und Aber für das Grundrecht auf Asyl. Die aktuelle Situation an den europäischen Außengrenzen ist menschenunwürdig. Geflüchtetencamps an den EU-Außengrenzen wie Moria sind eine Schande für einen reichen Kontinent wie Europa. Wir fordern daher ein Ende der Kriminalisierung von privater Seenotrettung und ein Europa, das sowohl die eigenen Mitgliedsstaaten als auch die Nachbarländer von Krisenregionen dabei unterstützt, Geflüchtete aufzunehmen. Die aktuellen Debatten und die Veränderung der Grünen und der SPD hin zu „Abschiebeparteien“ zeigt, dass es eine starke Linke braucht.

 

Wie stehen Sie zu einem Beitritt der Ukraine zur Europäischen Union?

Wir verurteilen den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine. Wir glauben gleichzeitig, dass der Krieg nicht auf dem Schlachtfeld, sondern am Verhandlungstisch beendet wird. Mehr Waffen und mehr Krieg bedeutet auch mehr Tote. Bis dahin zeigen wir uns solidarisch mit der unter dem Krieg leidenden Zivilbevölkerung in der Ukraine.

In der Vergangenheit war nur knapp die Hälfte der Bevölkerung der Ukraine für einen Beitritt in die EU. Die Ukraine war schon in der Vergangenheit EU-Beitrittskandidat wurde aufgrund von Demokratiedefiziten und Korruption nicht in die EU aufgenommen. Zusätzlich könnte ein Beitritt der Ukraine in der derzeitigen Situation eine weitere Eskalationsstufe im Krieg bedeuten. Daher fordern wir schnellstmöglich Verhandlungen über ein Ende des Krieges.

 

Was läuft Ihrer Meinung nach aktuell schief in der Politik und wie wollen Sie das ändern?

Wir halten die aktuelle Kürzungspolitik der Ampel-Parteien für einen fundamental falschen Weg. Die wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Krisen der Gegenwart lassen sich nicht lösen, Staaten weniger Geld ausgeben. Im Gegenteil: Öffentliche Investitionen helfen der Wirtschaft, den Menschen und sind für die Bewältigung des Klimawandels unumgänglich. Wir fordern daher die Abschaffung der Schuldenbremse, die eine Investitionsbremse ist! Wir wollen Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen Sicherheit in der Krise geben.

 

Was wollen Sie speziell für Braunschweig im Europaparlament erreichen?

Wir glauben nicht, dass Europa ein Werkzeug sein sollte, mit dem jeder versucht, den größten Profit für sich, seine Nation und seine Region herauszuschlagen, sondern ein Projekt der internationalen Kollaboration und Solidarität.

Selbstverständlich sind wir aber überzeugt, dass alle Punkte, die wir in den verschiedenen Fragen erwähnt haben, am Ende auch allen in Europa nützen. Konkret würden zum Beispiel europäische Fördermittel zur Unterstützung des klimagerechten Umbaus von Städten dabei helfen, in Braunschweig die Infrastruktur für den ÖPNV, Fahrräder und andere klimaschonende Transportformen zu verbessern oder den Ausbau des kommunalen Fernwärmenetzes voranzutreiben.

 

Wieso sollte man Sie und nicht eine andere Partei wählen?

Für alle, die eine Partei wählen wollen, die sich für soziale Themen einsetzt, ohne vom Lobbyismus der Großkonzerne beeinflusst und manipuliert zu werden, ist die Linke die beste Option. Wir sind die einzige im deutschen Bundestag vertretene Partei, die keine Spenden von Konzernen und Lobbyisten akzeptiert. Wir finanzieren uns durch die Spenden unserer Mitglieder und anderer Einzelpersonen und sind daher auch niemandem verpflichtet. Wir werden im europäischen Parlament eine soziale und systemkritische Kraft sein, die für die Menschen überall in Europa und der Welt einsteht. Wer glaubt, dass die Zukunft sozialer, gerechter und friedlicher gestaltet werden sollte, findet bei uns ein solidarisches Zuhause :)


Bild: Wikipedia


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen