Dienstag, 8. Juli 2025

Astronaut Matthias Maurer

„Dieser Blick, da kannst du nicht genug von haben.“ Matthias Maurer stellte am 30.6.2025 im Staatstheater Braunschweig vor 850 Schülerinnen und Schülern seine Erlebnisse während der Raumfahrtmission „Cosmic Kiss“ auf der Internationalen Raumstation (ISS) vor. Nach der Veranstaltung nahm Ayham Haj Hammadeh (5a) als einziger Schulzeitungsreporter an der Pressekonferenz teil und hatte Gelegenheit, ihm einige Fragen zu stellen.


 


Sie waren sechs Monate im All. Was haben Sie da gemacht, wenn Sie nicht geforscht haben?

Der Tag fängt bei uns um 7:30 Uhr morgens an und geht bis 7:30 Uhr abends. Und in dieser Zeit haben wir einen Stundenplan. Der ist komplett durchgeplant. Da habe ich überhaupt null Flexibilität. Morgens davor habe ich ehrlich gesagt gepennt, weil ich ein Spätaufsteher bin. Und abends nach 7:30 Uhr gibt es erst einmal Abendessen. Dann redet man noch ein bisschen mit den Freunden über den Tag. Jeder von uns ist ja nur ein Mensch. Alle haben Fehler gemacht. Dann haben wir beim Abendessen darüber geredet, was hast denn du heute verbockt? Und haben drüber gelacht. Man ärgert sich ja über seine eigenen Fehler. Man denkt, Mensch, bin ich blöd, habe ich da einen Fehler gemacht? Aber dann merkt man, die anderen machen auch Fehler. Und dann ist alles wieder gut. Das braucht man, damit man am nächsten Tag wieder konzentriert arbeiten kann. Danach habe ich immer E-Mails bearbeitet. Ab und zu habe ich die Familie angerufen. Und was ich jeden Tag gemacht habe, ist, aus dem Fenster zu schauen. Runter auf die Erde. Das ist so schön, dieser Blick, da kannst du nicht genug von haben.

Was war das Ziel der Mission Cosmic Kiss, als Sie auf der ISS waren?

Das Ziel war, viel, viel Wissenschaft zu machen, an 150 Experimenten teilzunehmen. Diese Experimente waren medizinische Experimente, werkstoffwissenschaftliche Experimente, technische Experimente. Zum Teil war es natürlich auch, die ISS zu reparieren, sowohl innen als auch außen. Und mein persönliches Ziel war natürlich, ins All zu fliegen und Astronaut zu sein.

Hatten Sie manchmal Angst?

Bei mir hat es ja sehr, sehr lange gedauert, bis ich einsteigen durfte. Erst einmal hat der Chef der ESA mir gesagt: Du wirst nie Astronaut. Und dann wurde meine Mission auch immer wieder nach hinten geschoben. Zwischen der Idee, dem Wunsch, Astronaut zu werden, das war 2008, und dem Flug 2021, waren das 13 Jahre. Das ist eine sehr, sehr lange Zeit. Und ich hatte natürlich zwischendurch immer wieder Angst, ob das klappt oder doch nicht. Das Leben ist nicht immer nur glücklich und schön. Es gibt auch Momente, wo man ein bisschen traurig ist oder wo man nachdenklich ist. Und in diesen Momenten darf man einfach die Hoffnung nicht verlieren. Dann klappt das auch. Man muss also Ausdauer haben. Das ist ganz wichtig.

Sie haben vorhin erzählt, dass Sie darauf hoffen, mit einer weiteren Mission zum Mond fliegen zu dürfen. Was finden Sie so faszinierend am Mond?

Ja, der Mond, da musst du nicht groß erklären, was das ist. Bei der ISS muss ich den Leuten immer noch erklären, ja, wo fliegst du eigentlich hin? Dann sage ich, zur ISS. Und sie fragen dann, wo fliegt die hin? Dann sage ich, die fliegt nur im Kreis. Der Mond ist einfach da, jeder kennt ihn, jeder sieht ihn, und ist doch so unerreichbar. Auf dem Mond gibt es so viele Geheimnisse, die wir noch entdecken können. Wir können zum Beispiel Radioteleskope aufbauen und von dort viel tiefer ins Universum hineinschauen, als wir das von der Erde aus können. Die Atmosphäre auf der Erde, die ploppt bestimmte Wellenlängen aus, aber auf dem Mond könnte man die empfangen. Dort könnten wir sehr viel lernen über die Entstehung unseres Sonnensystems und auch über die ganz große Frage, die wir haben: Wie kam eigentlich das Leben, also du und ich im Endeffekt, wie kamen wir auf die Erde? Wie sind wir entstanden? Und daraus ergibt sich die nächste Frage: Sind wir allein oder gibt es da draußen nochmal jemanden wie dich und mich auf einem anderen Planeten? Das finde ich einfach super spannend.

Was ist das Mindest- und Maximalalter, um ins All zu fliegen?

Früher hat man immer gesagt, als ich eingestellt wurde, zwischen 27 und 37. Die ISS sagt immer, wir brauchen jemanden, der studiert hat und der schon drei, vier Jahre Erfahrung hat. Deswegen kamen die auf 27. Aber als ich oben war, kam sogar jemand vorbei, der war über 70. Das heißt, das weicht sich momentan auf. Wichtig ist, dass man fit ist, dass man gesund ist. Und die Technik wird immer besser. Die Technik entlastet die Menschen. Früher waren die Astronauten Testpiloten. Die mussten super schnell reagieren, um diese Kapsel zu fliegen. Heute macht das der Computer. Wenn du heute in ein Flugzeug steigst und von A nach B fliegst, dann erwartet man auch nicht groß, dass du ein Training machst. Und in Zukunft, denke ich, wird es so sein, ein Astronaut zu sein, wie heute in ein Flugzeug zu steigen.

Warum haben Sie das BuchWAS IST WAS  Mission im Weltraum“ gemacht?*

Das habe ich ja, wie das andere Buch, zusammen mit Sarah Konrad gemacht, einfach, weil so viele Menschen immer wieder Fragen stellen. Viele können sich gar nicht vorstellen, wie das dort oben ist. Auch meine Mama hat mich oft gefragt, wie ist es denn das dort oben? Gibt es dort wirklich keinen Schnee, keinen Regen? Nein, das ist außerhalb der Atmosphäre. Es ist für viele Menschen so fremd. Deswegen habe ich gedacht, ich kann nicht in jede Stadt fahren und jedem das persönlich erklären. Mit so einem Buch kann man das aufschreiben und es ist für alle Menschen, die sich dafür interessieren, einfach da.

Was ist Ihre Botschaft an die Kinder, die ihrem Traum folgen wollen, Astronaut zu werden, insbesondere mit Migrationshintergrund?

Mein Tipp ist, glaubt an euch. Weil man große Ziele haben muss. Man muss große Träume haben. Wer keine Träume hat, der kann auch nichts erreichen. Wenn man einen Traum hat, dann ist es keine Garantie, dass man diesen Traum erreicht. Aber wenn man etwas sehr stark will und auch dafür arbeitet und auch nicht bei dem ersten Fehlschlag aufgibt, dann hat man eine Chance, dass es klappen kann. Und ob Migrationshintergrund oder nicht, du bist ein Mensch, und wenn wir als Menschen ins All rausfliegen, dann spielt die Nationalität keine Rolle. Dort oben sind Russen und Amerikaner und Kanadier, Europäer, Japaner. Nur gemeinsam können wir ganz große Ziele erreichen.

 

Hier berichten ich und noch zwei andere Schüler aus dem 5. und 6. Jahrgang, was wir an der Veranstaltung am interessantesten fanden:

„Ich fand eigentlich alles ganz spannend, aber am besten fand ich das Video vom Weltraumspaziergang.“ (Ayham, Wilhelm-Gymnasium)

Ich fand das Anfangsvideo am interessantesten, wie er alles so gezeigt hat.“ (Sophie, Wilhelm-Gymnasium)

„Ich fand eigentlich alles ganz gut, die Videos waren auch cool gemacht, und ich fand die Experimente ganz geil.“ (Richard, Gymnasium Hoffmann-von-Fallersleben Schule)

 

 

*Matthias Maurer und Sarah Konrad: WAS IST WAS  Mission im Weltraum. 175 Tage auf der ISS. Für Kinder ab 8 Jahren. Tessloff Verlag (2024).

*Matthias Maurer und Sarah Konrad: Sechs Monate auf der ISS – Eine Liebeserklärung an den Weltraum. Die Autobiografie des deutschen Astronauten. Droemer Verlag (2023, als Taschenbuch 2025).

 

Die Veranstaltung war eine Kooperation des DLR_School_Lab mit dem Tessloff Verlag und der Stadt Braunschweig.


Foto: Jasmin Begli, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Standortkommunikation Braunschweig