Dienstag, 21. März 2023

Essay

Heul doch, Boomer. Von Lenja Epp (Jg. 13).


Wir leben in einer besonderen Welt. Sie ist zum Teil schön und zum Teil schrecklich und alles dazwischen. Sie verändert sich stetig, sowohl in die richtige als auch in die falsche Richtung. Manchmal schneller als die Menschen, die in ihr wohnen. Was früher verpönt war, ist heute normal. Und was früher normal war, bekommt heute einen Shitstorm.
Wer findet es heutzutage noch unbedenklich, ohne Anschnallgurt im Auto zu sitzen und zu rauchen, während die Kinder auf der Rückbank schon ganz grün im Gesicht werden?
Wer hätte sich vor 50, 40 oder auch nur 30 Jahren Gedanken darüber gemacht, dass sich von der Anrede „Liebe Kollegen“ nicht alle angesprochen (oder besser: mit gemeint) fühlen könnten?

Die Welt verändert sich. Sie ist nicht mehr dieselbe wie die, in der einige aufgewachsen sind. Die Welt ist wahrlich kompliziert geworden.

Dabei tauchen immer wieder dieselben Fragen auf: Brauchen wir das alles? Brauchen wir all diese Veränderungen und neuen Erfindungen, all diesen Fortschritt? Ist es gut so, wie es ist oder war früher eben doch alles besser?
Haben wir uns verrannt?

Nein, das haben wir nicht. Denn viele der Veränderungen waren dringend notwendig. Wir brauchen sie, um in dieser Welt leben zu können. Wir werden diese Welt erben und wir passen sie uns nach unseren Bedürfnissen an. Wir machen uns die Welt, wie sie uns gefällt. Ja, genau: Wie bei Pippi Langstrumpf. Wir sind in der Lage, von ihr zu lernen und gleichzeitig nicht zu vergessen, dass Pippi ein Rassismus-Problem hat.
Wir sind in der Lage, die Welt in ihrer vollkommenen Ambivalenz wahrzunehmen.

Wer wir sind? Keine Ahnung. Wir existieren, doch nicht als feste Gruppe. Wir werden von den Umständen in dieser Welt geprägt, doch wir sind keine vollständige Generation.
Aber eins ist klar: Es geht uns um Respekt. Er ist unsere Motivation, unser Ansporn, die Grundlage unseres Handelns.
Wir respektieren einander und versuchen, auf uns und andere Menschen achtzugeben. Wir haben es satt, alte Systeme aufrechtzuerhalten, die uns nichts bringen. Wir wollen Veränderung. Jetzt. Aber zack, zack.

Gleichzeitig wollen wir nichts überstürzen, nichts falsch machen, alles berücksichtigen, was wichtig ist. Wir wollen nicht nur Veränderung, um der Welt unseren Stempel aufdrücken zu können oder gegen unsere Eltern zu rebellieren. Wir brauchen Veränderung, um zu überleben. System change, not climate change. Smash the patriarchy, not the planet.
Wir brauchen Veränderung, damit das, was wichtig ist, so bleiben kann, wie es ist. „Weil jeder, der die Welt nicht ändern will, ihr Todesurteil unterschreibt,“ singen die Ärzte in „Deine Schuld.“*

Also los geht’s. Doch wo fangen wir an? Und wie werden diejenigen reagieren, die ihre Zeit damit verbracht haben, die Welt in ihren aktuellen Zustand zu bringen? Wie beseitigen wir festgefahrene Denkmuster und einzementierte Rollenbilder?

Wenn wir eine bessere Work-Life-Balance fordern, gelten wir als faul. Wenn wir gendern, sind wir übersensibel. Wenn wir auf Diskriminierung hinweisen, lautet der Vorwurf Cancel Culture. Sprüche wie „Das haben wir doch schon immer so gemacht“ oder „Das wird man ja wohl nochmal sagen dürfen“ hören wir dauernd. Doch wir können es nicht mehr hören. Jetzt reden wir. Wenn euch Respekt nicht in den Kram passt, dann Pech gehabt. Heul doch, alter weißer Mann. Heul doch, Boomer. Wir sind wütend.

Vieles, für das wir kämpfen, sollte eigentlich selbstverständlich sein. Niemand sollte für die gleiche Arbeit schlechtere Bezahlung erhalten. Niemand sollte im Dunkeln mit einem unguten Gefühl und dem Schlüsselbund zwischen den Fingerknöcheln nach Hause laufen müssen. Niemand sollte im eigenen Zuhause, auf der Straße oder sonst irgendwo Gewalt fürchten müssen.
Diese Kämpfe werden seit Jahren, Jahrzehnten, teilweise seit Jahrhunderten geführt. Und ja, es gab Fortschritte, aber bei weitem noch nicht genügend.

Weil ihr uns nicht leiden könnt, habt ihr vielleicht das Gefühl, dass wir euch etwas wegnehmen wollen. Doch das wollen wir nicht. Wir wollen lediglich das, was uns ohnehin zusteht. Dass ihr es uns jahrhundertelang vorenthalten habt, macht es nicht zu eurem Eigentum.

„Frauen woll‘n dir
Macht entreißen
Klar, dass dich das stört
Doch ganz ehrlich:
Nichts davon
Hat je dir gehört,“**

schreibt Sarah Bosetti. Hört auf sie. Sie hat Recht.

Generell: Hört auf uns. Hört uns zu. Wir wissen, wovon wir reden, insbesondere, wenn es um uns selbst und um unsere Erfahrungen geht. Redet uns nicht klein. Haltet nicht für unwichtig, was wir zu sagen haben. Glaubt uns.
Nein, wir fühlen uns vom generischen Maskulin nicht „mit gemeint.“ Ja, die Klimakatastrophe ist ein reales Problem. Ja, Worte können Menschen verletzen.

Kapiert das endlich. Wir wissen, dass das viel ist. Aber wir wissen auch, dass das nicht zu viel verlangt ist. Man lernt nie aus; und ihr habt noch viel zu lernen. Dasselbe gilt auch für uns. Wir wollen uns verbessern. Wir wollen die Welt verändern, egal wie kitschig das klingt.
Wir haben schon einiges geschafft und noch viel liegt vor uns. Eine neue, andere, bessere Welt. Vielfalt, Pluralismus, Gerechtigkeit. Wir wollen mitbestimmen. Wir haben eine Stimme und geben auch denjenigen eine, die keine haben. Zusammen sind wir laut. Alle zusammen für eine bessere Zukunft, eine bessere Gegenwart.
Ihr habt die Welt zu dem gemacht, was sie ist, doch wie sie ist, kann sie nicht bleiben. Sie geht den Bach runter. Das können wir nicht zulassen. Deshalb lasst uns die Welt retten. Los geht’s.




* Urlaub, Farin: Deine Schuld, in: Geräusch, Hot Action Records, Berlin 2003.
**Bosetti, Sarah: „Ich hab nichts gegen Frauen, du Schlampe!“, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Hamburg 2020, S. 912.



Lehrer:innen-Interview

„Ich liebe das Meer“. Clara Kuhle (6c) und Emma Stiepel (6a) befragten Frau Heider, die am WG Biologie und Erdkunde unterrichtet.



Warum wollten Sie Lehrerin werden?
Ich bin selber sehr gerne zur Schule gegangen. Ich hatte eine sehr schöne Schulzeit mit vielen netten Freunden und auch guten und nicht so guten Lehrern und wollte weiter in die Schule gehen und die gleiche Freude, die ich in der Schule hatte, für andere Schüler möglich machen.

Wie lange sind Sie schon Lehrerin?
Seit 2008 bin ich hier am Wilhelm-Gymnasium, und das ist auch meine erste richtige Stelle als Lehrerin. Vorher habe ich mein Referendariat gemacht, da ist man ja noch Lehrerin in Ausbildung. Das war in der Nähe von Bonn.

Was macht Ihnen als Lehrerin am meisten Spaß?
Das Arbeiten mit den Kindern und die immer wieder unvorhergesehen Situationen. Jeder Tag ist anders. Es gibt ganz viele lustige Tage. Es gibt auch mal Tage, die sehr anstrengend und nicht so schön sind, aber es gibt viel, viel, viel mehr Tage, die schön sind.

Welche Fächer unterrichten Sie?
Ich unterrichte eigentlich Biologie und Erdkunde, aber im Jahrgang 5 und 6 unterrichte ich auch NW, das ist ja eine Mischung aus Biologie, Chemie und Physik.

Haben Sie ein Haustier?
Nein. Ich hatte als Kind ein Haustier, ein Meerschweinchen, aber da habe ich mich ehrlich gesagt nicht gut drum gekümmert. Und dann hat meine Mama gesagt, na gut, dann darf es nicht mehr bei dir bleiben und eine Freundin hat es bekommen. Da ging es ihm besser, das war nicht so besonders gut.

Haben Sie Kinder, wenn ja wie viele?
Keine eigenen, aber ich habe gerade 30 Kinder in der 6a, und die gehören mir.

Was sind Ihre Hobbys?
Ich glaube, ich bin ziemlich langweilig. Ehrlich gesagt, ich schlafe wirklich gerne.

Was essen Sie am liebsten?
Ich esse gerne ganz viele verschiedene internationale Sachen, ich esse unglaublich gerne indisch, ich esse gerne Sushi, ich esse auch gerne mediterran, also Mittelmeer-Küche, griechisch, italienisch. Ich habe kein wirklichen Lieblingsessen, sondern mag gerne das Vielfältige.

Was ist/sind Ihr(e) Lieblingstier(e)?
Ich mag gern was ganz Großes und was ganz Kleines und was dazwischen steht. Ich liebe Elefanten, und ich liebe Marienkäfer, aber am allerliebsten mag ich Schildkröten. Ich glaube, wenn ich mal wieder geboren werde, dann werde ich eine Schildkröte und versuche den ganzen Tag zu schlafen, in meinem Panzer.

Haben Sie Geschwister?
Ja, das finde ich auch ganz toll. Ich habe eine jüngere Schwester, die ist fast sechs Jahre jünger als ich. Sie lebt in Berlin und wir verstehen uns sehr gut. Wir haben uns schon als Kinder sehr gut verstanden, wir hatten also nie so einen Geschwister-Streit.

Was ist Ihre Lieblingsfarbe?
Grün

Wohin fahren Sie am liebsten?
Ich mache am liebsten Urlaub an Orten, wo auch Meer in der Nähe ist. Also Urlaub an der See, an der Ostsee, am Mittelmeer, manchmal auch an der Nordsee, aber ich liebe das Meer.


Witze

Pointe gut, alles gut. Jakob Joseph Schöll (6a) über die Witzigkeit von Witzen.


Jeder kennt sie und jeder findet sie lustig oder komisch: Witze. Sie sind dazu da, unseren Alltag zu belustigen oder etwas auszudrücken. Es gibt viele verschiedene Arten von Witzen wie zum Beispiel die Fritzchen-, Blondinen- oder die Ostfriesen-Witze. Alle haben das gleiche Ziel, nämlich witzig zu sein. Aber wie werden diese Witze witzig? Es ist die Pointe. Die Pointe ist das witzige Ende jedes guten Witzes. Sie ist das Witzige am Witz.
Nehmen wir diesen Witz:
  • Zwei Vögel sehen einen Düsenjet. Sagt der eine: Der hat‘s aber eilig. Sagt der andere. Was würdest du tun, wenn dir der Hintern brennt.“
Wenn wir diesen Witz mal nehmen und ihn ein bisschen umschreiben:
  • Zwei Vögel sehen einen Düsenjet, sagt der eine: Der hat‘s aber eilig. Warum?“, fragt der andere“. Ich weiß es nicht.“
So ist es nicht mehr witzig. Er hat keine Pointe, also kein witziges Ende.
Jetzt ist die Frage: Wie wird der Witz witzig? Oder genauer: Wie wird die Pointe gut oder witzig? Wie schon mehrmals gesagt, ist die Pointe das witzige Ende jedes Witzes. Und wie kriegt man die Pointe witzig? Dazu muss man erstmal wissen, worüber die Alters- oder Geschlechtsgruppe, die der Witz ansprechen soll, lacht.
Der Beispielwitz ist eher für Kinder zwischen 3 und 9 gedacht. Daher werden ältere Leute nicht mehr oder selten darüber lachen. Dann muss man sich überlegen, was den Witz außergewöhnlich macht. Also: Wovon handelt er und gibt es schon Witze dieser Art?
Wenn man sich auch diesen Aspekt überlegt hat, muss man an der Pointe arbeiten. Wo wir wieder bei der Anfangsfrage sind, die euch doch sicher noch in Erinnerung ist, oder? Aber egal, zurück zu den Witzen und zur Anfangsfrage: Wie wird die Pointe gut?
Am besten nimmst du eine Pointe, die komisch oder unerwartet kommt. Noch einen Tipp: Auf Kosten anderer lacht es sich am besten. Das ist zwar gemein aber wahr, und damit kannst du deinen Witz zwar gemein, aber doch witziger gestalten.
Erzähle niemals jemandem einen Witz, in dem die Gruppe an Leuten, der er angehört, beleidigt wird. Zum Beispiel: Du erzählst einer blonden Frau einen Blondinenwitz. Das geht gar nicht.
Der Witz darf auch nicht zu lang sein, denn sonst ist er langweilig:
  • „Zwei Vögel sitzen auf einem Baum. Sagt der eine: Guck mal, da ist ein Düsenjet. Aber der hat es ja eilig. Weißt du warum? Sagt der andere: Was würdest du tun, wenn dir dein Hintern brennt.“ 
Na, noch witzig? Nein. Deshalb soll der Witz kurz und knackig sein.
Auch ein Kriterium: Die Pointe soll nicht zu lang sein. Sie muss plötzlich und unerwartet kommen. Auch Witzfragen sind witzig. Sie haben keine Pointe sondern eine witzige Antwort. Und wenn du einen Witz weitererzählst, musst du diese Kriterien beachten, um keinen Fehler zu machen.
Ich hoffe, du hast etwas gelernt über Witze und haust nächstes mal einen guten Witz raus. Und denk dran, wenn du ihn witzig findest, werden andere ihn auch witzig finden.


Freitag, 10. Februar 2023

Generation Alpha

Handy & Co.: Je früher, desto besser? Kim Elfert (9ms2) über problematische Tendenzen der Digitalisierung.


Seit Anbeginn der Zeit entwickelt sich die Menschheit weiter, so auch in den Generationen. Wenn man sich verschiedenste Generationen vor Augen hält, fällt auf, dass bei einer jedoch die Digitalisierung und Globalisierung einen enormen Einfluss hat. Bei der heutigen Generation Alpha.

Ein Blick zurück:

Die Generation der Baby-Boomer (1946-1964) wurde stark auf berufliches Konkurrenzverhalten, Aufmerksamkeit und Individualität geprägt.

1965-1980 lagen die Prioritäten der Generation X auf

- dem technischen Fortschritt

- dem Intergrationsprozess der EU (engere Zusammenarbeit europäischer Staaten, Entwicklung der Gemeinschaft von der Montanunion (23. Juli 1952, Paris) bis zur EU von heute und dem im Prinzip immer noch nicht abgeschlossenen Prozess der Europäischen Einigung)

- und Problemen aufgrund vieler Umweltkatastrophen (Erdbeben in Peru am 31. Mai 1970, ein weiteres Erdbeben in Peru am 09. Dezember 1970, Erdbeben in Gediz 1970, Zyklon in Ostpakistan, Ölkatastrophe im nördlichen Amazonastiefland, Kollision eines Tankers in Japan, Tankerunglück Anne Mildred Brovig, kollidierter Tanker Texaco Massachusetts, Torrey Canyon, Mandoil, World Glory und unzählige weitere Tanker-Kollisionen bis 1979).

Dem entsprechend befasste sich die Generation Baby-Boomer mit dem Aufbau des Umweltschutzes. In den 1980er Jahren gab es vor allem Konjunkturkrisen und eine steigende Rate der Arbeitslosigkeit und der Scheidungen sowie die Zunahme von Doppelverdienern.

Die erste Generation der Digital Natives

Die Generation Y (1981-1996), benannt nach „Why“, Warum, ist in einer Multioptionsgesellschafft groß geworden. Geprägt wurde sie durch Terroranschläge (wie z. B 9/11), eine hohe Jugendarbeitslosigkeit und große Unsicherheit. In dieser Generation gab es besonders viele H.E.N.R.Y’s, d. h. Menschen, die sehr gut verdienen, aber noch nicht als reich gelten. Die Generation Y ist die erste Generation von Digital Natives.

1997-2010 kam die Zeit der Generation Z, auch „Zoomer“ gennant, welche mit Internet, Handys, Smartphones und Tablets aufgewachsen ist (Digital Natives). Zu dieser Zeit kommen auch Soziale Netzwerke (Austausch von Daten und das Benutzen von gemeinsamen Ressourcen, wie z. B über Instagram, Facebook usw.) neu in die Welt, wobei sich die Menschen eher auf ihre ganz persönlichen Ziele konzentrieren und deshalb oft als Individualisten gelten. Mehr als nur das Teilen von Erlebnissen mit über einen privaten Account kam nicht in Frage. Danach begann das Maximieren von mehr oder weniger aufregenden Erlebnissen ins Spiel und die ersten Videos und Fotos gingen „online“. Das führt uns zu unserer Zielgruppe, der Generation Alpha.


Aufgewachsen mit den Technologien des 21. Jahrhunderts

Ab 2011 ist die Generation Alpha der Nachfolger von Generation Z (1997-2010). Es handelt sich um die Generation, die in etwa zwischen 2011 und 2025 geboren ist oder geboren sein wird und welche die Generation ist, die komplett mit den Technologien des 21. Jahrhunderts aufwachsen wird. Sowohl das Denken als auch das Leben dieser Generation ist um ein Vielfaches digitaler, als es bei der ersten Generation der Digital Natives war.

Der Punkt dabei ist, dass die Kinder dieser Generation mit weiterer Digitalisierung aufwachsen und den demografischen Wandel (die Veränderung der Bevölkerungszusammensetzung, z. B. durch mehr alte Menschen, Sterbende oder Neugeborene, die Anteile von eingebürgerten Menschen und Flüchtlingen, Ausländern und Inländern) unausweichlich miterleben wird. Außerdem trägt die politische instabile Lage ihren Teil zum Lebensgefühl der Generation Alpha bei.

Eine der großen Fragen für diesen Artikel ist, was für einen Einfluss die Sozialen Netzwerke auf die heutige Generation hat und was das für die Gemeinschaft bedeutet.

Immer unruhiger und ablenkbarer

Durch die sich ständig fortbildende Digitalisierung steigt der Medienkonsum dieser Generation drastisch. 70 Prozent der Kinder spielt täglich mit digitalen Endgeräten entweder der Eltern oder eigenen, was nachweislich zu motorischer Hyperaktivität führen kann sowie zu Sprachentwicklungs- und Konzentrationsstörungen, sozialen Problemen aber auch  zu Einschlafproblemen und einem früh ausgeprägten Suchtverhalten. Durch diesen überdurchschnittlichen Konsum und den meist nicht eingeübten sinnvollen Umgang werden die Kinder immer unruhiger und ablenkbarer.

Zum anderen geht es um Risiken, die sich vor allem durch die Nutzung digitaler Medien und den Einfluss von Kinder-Influencern auf die Kommunikation ergeben. Dabei stellen Cybermobbing, Cyber-Grooming (gezieltes Ansprechen von Kindern mit sexuellen Hintergedanken, was zu Missbrauch führen kann) aber auch Datenmissbrauch Risiken dar, die für die Eltern und ihre Kinder unbedingt mehr in Gesprächen sensibilisiert und kontrolliert werden sollten.

Kinder-Influencer

Nicht auszuschließen sind auch Soziale Netzwerke wie YouTube, wo Kinder von ihren Eltern als Influencer unterstützt oder ermutigt werden, wobei nicht selten Eltern einen Nutzen in ihren minderjährigen Kindern für den eigenen Profit oder die eigene Selbstdarstellung sehen. Was uns zum aktuellen Punkt führt, dem der Kinder-Influencer.

Immer mehr Kinder üben diesen „Beruf“ aus oder hoffen, damit Geld verdienen zu können, tägliches Posten von Videos oder Fotos, der Versuch, den Algorithmus zu füttern und im Geschäft um Aufmerksamkeit mitzuhalten. Hier ein paar Beispiele von minderjährigen Kindern, die trotz der Altersbeschränkungen in Sozialen Netzwerke aktiv sind.

Ava (elf Jahre) ist schon lange auf YouTube aktiv und gilt als einer der erfolgreichsten YouTuberinnen in ganz Deutschland. Ava hat derzeit 1,08 Millionen Abonnenten und führt ihren eigenen Tik-Tok-Account, der aufgrund ihres damaligen Alters (neun Jahre) häufiger gebannt wurde. Sie hat über zwei Millionen Follower.

Ihr YouTube-Content handelt über Typologie, 24 Stunden Challenges, Arten, Pancakes zu backen und Experimente. Außerdem sind auf ihrem Kanal Adresse und Emailadresse veröffentlicht. (Quelle: Alles Ava, https://www.youtube.com/c/AllesAva/featured).

Ryans Kaji (elf Jahre) ist auch bekannt als „Ryans World“ und hat aktuell 33,6 Millionen YouTube-Abonnenten, außerdem ist dieser durch seine „Giant Eggs Toys Challenge“ mit rund 1,97 Milliarden Views berühmt geworden.

Ryan ist seit dem 17. März auf YouTube aktiv und lädt oftmals die Woche neue Videos hoch. Sein Content bietet außerdem wissenschaftliche Experimente, Animationen für Kinder und 24 Stunden Challenges. (Quelle: Ryans World, https://youtube.com/c/RyanToysReview).

In den ersten zehn Lebensjahren eines Kindes werden Informationen schneller aufgenommen und verarbeitet, sprich, das Kind lernt schneller und besser. Aber was passiert, wenn der Alltag nur noch aus digitalen Medien besteht?

Ein Fünftel suchtgefährdet

Mittlerweile sind es rund 22,4 % der Bevölkerung von 12-17 Jahren, welche einen problematischen Medienkonsum haben. Wie erkennt man eine solche Sucht? Der Besitzer oder Nutzer verliert die Kontrolle über den Handygebrauch. Es wird zu jeglicher Situation gezückt und das Handy wird unentbehrlich.

Und wie viele Eltern erziehen eigentlich mit digitalen Medien?

Vor allem Videos, Fotos und Musik

Eine neue Studie beweist, dass rund 72 % der 0-6 Jährigen ihre freie Zeit im Internet verbringt und 3-6 Jährige gelegentlich selbst auf digitale Plattformen zugreifen. Eine frühe Sucht entwickelt sich. Am häufigsten beschäftigen sich die Kinder dabei mit dem Tablet (32 %), gefolgt vom Smartphone (30 %) und dem alten Medium Fernsehen (21 %). Computer und Laptop liegen aktuell bei rund 4%. Die digitalen Hauptbeschäftigungen sind Videos anschauen (73 %), Fotos anschauen (61 %), Musik hören (61 %) und Spiele spielen (51 %). Die am häufigsten gestreamten Plattformen, sind YouTube, Tik Tok, Twitch etc. Die Hälfte der Kinder nutzt dazu das Gerät ihrer Eltern, 28 % ein Familien-Gerät. 22 % der Kinder unter 6 Jahren haben bereits ein eigenes Gerät zur Verfügung. Dabei beschäftigen sich 33 % der kleinen Kinder täglich mit einem internetfähigen Gerät.

Aber wie sehr verändern Soziale Medien das Selbstwertgefühl unserer Kinder? Welchen Einfluss haben sie?

Eine zu hohe Nutzung dieses digitalen Endgeräts kann zu Depressionen und einer Verringerung des Selbstwertgefühls führen, was auch mit der Haltung zutun hat. Allerdings wird dieses nicht nur bei Kindern beobachtet, sondern auch bei Erwachsenen.

Zusammenhang von Sozialen Medien, Körperhaltung, deprimierter Stimmung

Zahlreiche Studien beweisen, dass dass sich unsere Stimmung deutlich bessert, wenn wir bewusst lächeln, auch wenn uns nicht zum Lächeln zumute ist (das passiert durch bestimmte Hormone, die beim Lächeln in unserem Körper ausgestreut werden, sogar wenn wir selber von anderen Menschen angelächelt werden). Wir fühlen uns vorher unsicher und nehmen dann eine aufrechte und selbstbewusste Körperhaltung ein, fühlen uns dadurch selbstbewusster.

Es ist also nicht verwunderlich, dass unsere Haltung, die wir bei der intensiven Nutzung mit dem Smartphone einnehmen, sich auch auf unsere Stimmung auswirkt. Beugen wir unseren Rücken und senken den Kopf, dann ist dies genau die Haltung, die wir bei Trauer und Depressionen einnehmen. Wir riskieren also unbewusst durch die intensive Nutzung des Smartphones und die damit verbundene Körperhaltung eine schlechte Laune bis hin zu einer negativen und sogar deprimierten Stimmung. Wenn wir also für längere Zeit nach unten auf das Smartphone schauen, schwächen wir dadurch unser Durchhaltevermögen und produzieren sogar ein bestimmtes Stresshormon (Cortisol) durch unsere reduzierte Konzentration.

Im Grunde genommen wird es zugelassen, dass unsere Psyche von diesem Gerät abhängig werden kann.

Die intensive Nutzung digitaler Medien kann genauso süchtig machen wie ein hoher Alkoholgenuss oder unkontrolliertes Spielen im Internet. Diese Abhängigkeit führt dann dazu, dass Betroffene in Panik geraten, wenn sie kein Handy zur Hand haben oder der Akku leer ist.

Die Angst, nicht erreichbar zu sein

Sie wollen unbedingt erreichbar sein und müssen immer wissen, was aktuell passiert. Sie machen ihr Selbstwertgefühl davon abhängig, ob andere ihre Mails beantworten, und leiden unter Ängsten und Depressionen, wenn sie nicht gefragt oder nicht geliked werden. Diese Probleme werden also durch diesen unkontrollierten Umgang bei Kindern schon sehr früh hervorgerufen und „unterstützt“.

Meist wird die Nutzung dieses Gerätes in den Vordergrund gestellt (eine falsche Prioritätensetzung), sprich das Miteinander zuhause verändert sich kritisch.

Es fängt alleine schon dabei an, dass Aufgaben im Haus vergessen werden, weil das Spiel gerade wichtiger war, das Handy- oder Tablet-Spiel am Essenstisch weitergespielt wird etc.

Schlussendlich möchte ich damit festhalten, dass eine unkontrollierte und zu sehr unterstütze Nutzung des Smartphones und anderer digitaler Geräte sowohl psychisch und gesundheitlich dem Kind und den noch kommenden Generationen stark schaden können. Und die Digitalisierung hat kein Ende.


Quellen:

https://amp.focus.de/familie/eltern/kindergesundheit/kinder-haben-weniger-weisse-gehirnmasse-hirnforscher-warnen-vor-folgen-der-handynutzung_id_11321531.html

https://www.lvz.de/lokales/leipzig/studie-fruehe-handy-nutzung-sorgt-fuer-schlechte-mathe-noten-CA27VTFY7YUEZF4U4AXMDWK5GM.html?outputType=valid_amp

https://www.zhaw.ch/storage/psychologie/upload/forschung/psychotherapie/smart-toddlers/2021_vonWyl_etal_Paediatrie.pdf

https://www.tagesspiegel.de/politik/sind-smartphones-und-tablets-fur-kinder-schadlich-6870595.html

https://www.spiegel.de/netzwelt/gadgets/handy-umgangsformen-eltern-muessen-etikette-vorleben-a-1055768.html

Montag, 23. Januar 2023

Zirkus Dobbelino

Leuchtende Augen, das ist das Schönste. Aiko Strer und Florian Flöck (5b) im Gespräch mit Zirkusgründer Roman von Dobbeler.




Wir haben am 16.12.2022 die Weihnachtsvorstellung der Kinder und Jugendlichen besucht. Im Anschluss haben wir den Zirkusdirektor Roman von Dobbeler interviewt.







Wie sind sie zum Zirkus Dobbelino gekommen?
Ich habe mit 16 Jonglieren gelernt, das hat mir sehr viel Spaß gemacht. Ich habe mir viel selbst beigebracht, Kurse, Workshops und Jongliertreffen besucht, sehr viel trainiert und meine Technik immer weiter ausgebaut. Um Kindern und Jugendlichen dasselbe zu ermöglichen, habe ich den Zirkus gegründet. Dafür habe ich Sozial- und Zirkuspädagogik studiert.

Der Direktor in der Manege.

Was bedeutet ihnen die Arbeit hier?
Mir gefällt, dass meine Arbeit abwechslungsreich, kreativ und mit Kindern und Jugendlichen ist. Wir machen hier fast alles, vom Fahren eines LKWs, über den Zeltaufbau bis hin zum Fertigen von Requisiten.

Warum machen sie das?
Ich mache dies aus dem inneren Antrieb. Das ist eine sehr erfüllende Arbeit, die mir sehr viel Spaß macht. Es gibt keine Minute, wo ich auf die Uhr schaue und mich frage, wann ist der Arbeitstag endlich zu Ende.


Was ist ihre schönste Erinnerung?
Wenn die Kinder nach der Vorstellung so glücklich sind, leuchtende Augen haben, etwas Tolles geschafft haben und einen großen Applaus bekommen. Das ist immer das Schönste.

Und die schlimmste?
Ärger mit Politik und Verwaltung.

Wie lange machen Sie das schon?
Beruflich mache ich das seit dem 1. Januar 2006. In den letzten 17 Jahren ist der große Zirkus entstanden.

Wie viele Mitarbeiter haben Sie?
Das schwankt, zwischen sechs und zehn. Im Sommer sind es mehr als im Winter.


Was müssen Sie im Zirkus machen?
Alles. Ich muss den LKW fahren, ich muss ein Zelt auf- und abbauen, Auftreten können, durch das Programm führen, aber inzwischen ist es immer mehr Verwaltung, Organisation und Büroarbeit.

Wie alt sind sie?
Ich bin 50 Jahre alt.

Wie viele Schulen haben sie schon besucht?
Wir haben schon weit über 100 Schulen besucht, von Juist, Rügen über Berlin nach Trier.



Fotos: Flöck


Donnerstag, 29. Dezember 2022

Gendern

Wie wir Frauen uns die Sprache zurückerobern sollten. Ein Essay von Carla Hommola (Jg. 12).



Eine/r ist Zuhörer/in, der/die andere ist Vorleser/in. Eine/r liest den Abschnitt vor, der/die Zuhörer/in fasst das Gehörte zusammen heißt es in einem neuen österreichischen Schulbuch. Dass das bei Kindern, die gerade lesen lernen, für Verwirrung sorgt, ist selbsterklärend. Doch diese oder ähnliche - es gibt einige - geschlechtsgerechte Sprachreform wird von vielen Aktivisten eingefordert und nennt sich Gendern. Grund dafür ist die Benachteiligung der Frau und die Festsetzung von Geschlechterrollen durch die Sprache. Mithilfe der verschiedenen Stolperfallen beim Lesen soll Gleichberechtigung geschaffen werden. In diesem Essay soll geklärt werden, warum sich die Gender-Sprache in ihrer jetzigen Form nicht durchsetzen wird und warum Frau Winter in den formalen Angaben als Fachlehrer, anstatt als Fachlehrerin genannt wird.

Die Debatte fand ihren Ursprung vor ca. 45 Jahren. Gegen Ende der 1970er äußerten die Aktivisten Luise F. Pusch und Senta Trömel-Plotz erstmals ihre Kritik an der deutschen Sprache. Sie sei ihnen zufolge vom männlichen Geschlecht dominiert und müsse von den Frauen zurückerobert werden. Grammatikalisch geht es darum, das generische Maskulin, also Wörter wie Lehrer, um eine Endung zu erweitern, die auf die weiteren Geschlechter hinweist (-In bzw. -Innen). Da man Wörter wie Lehrer (im Plural) meist für eine Gruppe verschieden geschlechtlicher Personen verwendet, diese aber aufgrund des internalisierten Bilds der Geschlechterrollen nicht immer auf jedes Geschlecht gleich bezieht, soll die neue Endung darauf hinweisen. Dieses ist für Aktivisten das ausschlaggebende Argument, weswegen Gendern notwendig sei. Hierbei wird sich häufig auf Studien berufen, die beweisen, dass Menschen verschiedenen Berufsgruppen wie z. B. Professoren oder Sekretären ein bestimmtes Geschlecht zuordnen. Für den Versuch wurden Kinder gebeten, die Adjektive männlich und weiblich verschiedenen Berufsbezeichnungen zuzuordnen. Mit einem Professor assoziierten die Kinder eher männliche Personen und mit Sekretären weibliche. Um diesen Rollenbildern von Mann und Frau entgegenzuwirken, entwickelten Pusch und Trömel-Plotz die Idee des Genderns.

Die Forderung wurde seitdem und insbesondere in den letzten Jahren von feministisch motivierten Aktivisten und Politikern versucht durchzusetzen. Die Betonung liegt dabei auf dem Wort versucht, denn die geschlechtsgerechte Sprachgestaltung begeistert seitdem nur Teile der Bevölkerung. Ein Grund dafür: Die Verhetzung der deutschen Sprache, wie es so oft von leicht rechts angehauchten Männern im Seniorenalter heißt, wenn sie in fragwürdigen Foren ihrem Ärger über den Feminismus Luft machen. Dass diese die Bedeutung des Themas nicht verstanden haben, ist offensichtlich, doch was steckt tatsächlich hinter dem Argument? Beim Gendern gibt es keine einheitliche Rechtschreibform. Stattdessen findet man unzählige Variationen, die parallel verwendet werden. Zum einen kann durch Sonderzeichen gegendert werden. Da gibt es z. B. den Schrägstrich (Lehrer/innen), das Gender-Sternchen (Lehrer*innen), das Binnen-I (LehrerInnen) oder den Gender Gap (Lehrer_innen), um hier nur ein paar zu nennen. Auch gibt es Formen, die im alltäglichen Sprachgebrauch bereits verwendet werden, wie die Doppelnennung (Lehrer und Lehrerinnen) oder die Begriffsneutralisierung (die Lehrenden). Jede Form besitzt dabei ihre Vor- und Nachteile, weswegen, anstatt sich auf eine zu einigen, ständig neue Möglichkeiten ins Leben gerufen werden, die nicht die anderen ersetzen, sondern zu einer Vielzahl ergänzen. Zudem bleibt es mit der Anpassung nicht bei Substantiven. Auch Possessivpronomen müssen berücksichtigt werden. Bei komplizierten Sätzen kann das den Lese- und Schreibfluss massiv beeinträchtigen, wie es zu Beginn im Aufgabentext des österreichischen Schulbuchs der Fall war.

Das Problem der verkomplizierten Sprache führt uns zum nächsten Punkt. Die Gender-Debatte hat sich das Ziel gesetzt, Diskriminierung vorzubeugen, doch wo der eine Nachteil verkleinert werden soll, wird ein anderer ausgebaut. Die Form des Genderns durch Sonderzeichen, die es Sätzen wie dem obigen ermöglicht, bald überall aufzutauchen, erschwert es Personen, die unter einer Lese-Rechtschreibschwäche leiden, am Alltag teilzunehmen. Wird in Zukunft Gendern als Rechtschreibreform eingeführt - was sich viele Gender-Befürworter wünschen - wird die Diskriminierung der rund 12 % der Personen mit geringer Literalität eindeutig gefördert. Zudem bezieht sich diese Zahl nur auf Muttersprachler. Berücksichtigt man Personen mit Migrationshintergrund, die die deutsche Sprache lernen wollen, bzw. aufgrund von z. B. Arbeitsstellen sogar müssen, steigt die Zahl deutlich. Zählt die korrekte Form des Genderns dann auch noch zur Benotung in Schulen sowie Universitäten, wie es in manchen Institutionen bereits der Fall ist, erleiden diese Personen einen eindeutigen Nachteil, welcher ein erheblicher Eingriff in die Chancengleichheit darstellen würde.

Des Weiteren unterliegt die Debatte rund ums Gendern dem Henne-Ei-Problem. Was kam zuerst: die Henne oder das Ei? Eine Frage, auf die es auf den ersten Blick keine Antwort gibt. Das Problem: Die Frage ist die falsche. Wenn davon ausgegangen wird, dass sie die Lösung beinhaltet, kann sie nicht beantwortet werden. Wird sich allerdings mit dem Hintergrund der Frage beschäftigt, so wird erkannt, dass die Frage doch zu beantworten ist. Die Gender-Debatte leidet unter dem gleichen Konflikt. Gerade rückt der Fokus immer mehr auf die Frage: Wie gendert man am besten?, und nicht: Trägt Gendern überhaupt zur Beseitigung von Problemen bei? Um das Ziel der Bewegung zu erfüllen, muss, wie beim Henne-Ei-Problem, das Blickfeld erweitert werden. Erst dann kann wieder über den eigentlichen Konflikt - nämlich die Rollenbilder - gesprochen werden. Schließlich geht es nicht darum, wer am besten gendern kann, sondern darum wie Gleichberechtigung am besten gelebt wird.

Seit den 70er Jahren versuchen Sprachwissenschaftler den besten Weg zu finden, um zu gendern. Gäbe es eine eindeutige Antwort, hätte sie sich in den knapp 50 Jahren der Diskussion bereits etabliert. Nun sollten wir nicht ein halbes Jahrzehnt Diskurs verwerfen, denn das Problem der Geschlechterrollen besteht immer noch. Doch kann dieser Konflikt wirklich mithilfe eines sich ständig selbst ersetzendem Sonderzeichen gelöst werden? Eher sollten sämtliche Gender-Formen, die Sonderzeichen beinhalten, abgeschafft werden. Sie führen zum Verkomplizieren der Sprache, fördern Diskriminierung und können zum Teil nur inkonsequent genutzt werden. Die einfachere Lösung wäre es die neutralen Begriffe, also z. B. die Lehrenden, zu verwenden. Ein radikalerer Vorschlag wäre es, das generische Maskulin allumfassend für jedes Geschlecht zu benutzen. Nicht nur im Plural, sondern auch im Singular würden Frauen und Diverse damit auf die Ableitung des weiblichen Begriffs vom generischen Maskulin zu verzichten. Aus Lehrerin wird Lehrer. Dieses grammatikalische Phänomen gab es bereits zu DDR-Zeiten. Die vergleichsweise vielen Frauen, die dort arbeiteten, bezeichneten sich z. B. auch als Lehrer. Da ich diese Lösung für erfolgreich halte, wende ich sie bereits in diesem Essay an. Außerdem verwende ich aus diesem Grund in den obigen Angaben zu Schule und Kurs den Begriff Fachlehrer. Das Geschlecht des Fachlehrers ist irrelevant bzw. lässt sich, wenn nötig, anhand des Vornamens erkennen. Wenn die Information über das Geschlecht relevant wird, können geschlechtsbestimmende Adjektive, wie im Englischen (der weibliche Lehrer/ the female teacher) vor dem Wort hinzugefügt werden. Auf diesem Weg könnten sich die Frauen (und die Diversen) - um es in Luise F. Puschs Worten auszudrücken - die Sprache zurückerobern.


(Entstanden im Seminarfachkurs Gesellschaft und Mensch von Frau Winter).

Bildquelle: Pixabay

Freitag, 16. Dezember 2022

Katar 2023

Menschenrechte – die Verlierer der WM. Anna Lenja Epp (Jg. 13) über die Fußballweltmeisterschaft der Männer in Katar.



Es ist 20.00 Uhr, ich schalte den Fernseher an. Doch statt des üblichen „Guten Abend, meine Damen und Herren. Ich begrüße Sie zur Tagesschau“ dröhnt aus den Fernsehlautsprechern das Kreischen eines Stadionpublikums. Auf dem Bildschirm grüner Rasen statt blauem Tagesschau-Studio. Die Fußballweltmeisterschaft. Och nö.


Schnell schalte ich um. Nicht, dass wegen mir noch die Einschaltquoten hochgehen. Die Weltmeisterschaft wird gefälligst boykottiert!

Na ja, ein richtiger Boykott ist es nicht. Immerhin interessiert mich Fußball sonst auch nicht. Bisher habe ich in meinem Leben vielleicht ein Spiel gesehen und davon auch nur die erste Halbzeit. Das war in der vierten Klasse, als Deutschland Weltmeister wurde.

Ich habe nie ganz verstanden, was an Fußball so toll sein soll. Um mit einer Deutschlandflagge durch die Gegend zu laufen, bin ich wohl auch nicht patriotisch genug.

Anderen Menschen scheint Fußball jedoch sehr wichtig zu sein. So wichtig, dass sie dafür sogar einiges in Kauf nehmen. Denn Fußball ist nicht einfach nur ein Sport, dahinter steckt eine ganze Institution: die FIFA. Sie vergibt die Fußballweltmeisterschaft dank Korruption an ein Land, das sich für Fußball sonst wenig interessiert und in dem die klimatischen Verhältnisse nicht unbedingt zum Sporttreiben einladen. Eigentlich könnte mir das vollkommen egal sein. Sollen die Fußballer doch in der Wüste spielen, was geht mich das an? Doch dieser Sachverhalt zeigt, dass es der FIFA und Katar vor allem um eines geht: Geld. Und zwar jede Menge davon.

Menschenrechte fallen da gerne mal unter den Tisch. Ist ja auch unbequem, wenn man sich Gedanken darüber machen muss, dass beim Bau der Stadions über 6500 Gastarbeiter gestorben sind, dass tausende Familien ein Mitglied verloren haben.1

Und es ist auch unbequem, wenn man darüber nachdenken muss, dass Katar die Rechte von Frauen und LGBTQIA*+ mit Füßen tritt.2 Dennoch und gerade deswegen muss man darüber nachdenken.

Denken scheint nicht die Stärke der FIFA zu sein. Geld ist wichtiger. Aber Geld ist nicht alles.

Irgendein anderes Ziel muss Fußball doch haben. Auch wenn ich das persönlich nicht nachvollziehen kann, macht dieser Sport andere Menschen glücklich. Darum geht es doch, oder? Um Gemeinschaft, darum, sich mit Familie und Freund*innen ein Spiel anzusehen und gemeinsam den Fernseher anzubrüllen.

Es ist jedoch eine komische Gemeinschaft, wenn sie nicht an alle denkt, wenn sie Menschen ausschließt, wenn sie all das duldet, was in Katar vor sich geht.

Aber beim Fußball geht's ja nicht um Politik. Es geht um einen verdammten Ball, der in ein verdammtes Tor geschossen wird. Das ist alles. Wenn man Fußball schaut, dann schaut man Fußball. Man trinkt Bier, man grölt irgendwas Unverständliches, man denkt nicht nach. Es soll ja Spaß machen. Juhu.

Doch wie kann etwas glücklich machen, wenn dafür so viele Menschen gestorben sind und die Freude über die WM die Machenschaften der Regierung in Katar legitimiert? Ist das Glück der Fußballfans wichtiger als das der anderen, die nicht zur Gemeinschaft gehören?

Wer bei Fußballspielen zuschaut, schaut bei Menschenrechtsverletzungen weg.

Fußball ist mir egal, aber Menschenrechtsverletzungen sind nie in Ordnung. Und die FIFA ist dafür verantwortlich.

Was jetzt? Die Stadions stehen, die WM läuft. Jetzt ist zu spät. Kein gesetztes Zeichen oder symbolischer Akt macht die toten Gastarbeiter wieder lebendig. Nichts davon wird die Situation in Katar verbessern oder die FIFA doch noch zum Nachdenken bewegen. Gleichzeitig ist es traurig, wie der DFB und auch die Nationalmannschaft nicht einmal das hinbekommt. Eine Regenbogen-Kapitänsbinde war zu politisch, deshalb die One-Love-Binde. Darauf zu sehen ein Herz im Streifenmuster, die Farben irgendwie angeordnet, Hauptsache nicht in der Reihenfolge des Regenbogens. Auch diese wirklich unpolitische Armbinde war der FIFA noch nicht unpolitisch genug. Sie drohte mit Konsequenzen in Form von Nachteilen im Spiel. Also alles über den Haufen geschmissen.3

Immerhin haben sich die Spieler der Nationalmannschaft den Mund zugehalten. Ja genau, ihr seid es, die nicht sprechen dürfen. Und ihr seid es auch, die vor der FIFA eingeknickt sind, um den Punktestand von irgendeinem Spiel nicht zu gefährden. Geht es auch euch nur ums Geld?

Mittlerweile seid ihr sowieso rausgeflogen (oder wie wahre Fußballfans sagen: Wir sind rausgeflogen). Da hättet ihr vorher doch eigentlich auch ein Zeichen setzen können, oder?

Die Geschichte wäre ruhmreicher zuende gegangen, wenn Manuel Neuer mit Regenbogen-Armbinde eine gelbe oder rote Karte erhalten hätte und die Mannschaft deshalb nicht weitergekommen wäre.

Irgendwann werden sich Fußballfans an diese WM erinnern. Was meint ihr, woran sie sich lieber erinnern werden? An ein politisches Zeichen oder an ein einfach nur schlechtes Spiel?

Im Jahr 1968 reckten die Leichtathleten Tommie Smith und John Carlos aus Protest für Menschenrechte die Fäuste in die Höhe, nachdem sie bei den Olympischen Spielen Gold und Bronze gewonnen hatten. Dafür wurden sie vom Publikum ausgebuht und aus dem olympischen Dorf geworfen.4 Dennoch war es richtig, was sie getan haben und das kann ihnen keine*r nehmen.

Wie gesagt: Fußball interessiert mich nicht. Macht, was ihr wollt, nur bitte haltet Menschenrechte ein.


Quellen:
1 https://www.tagesschau.de/sport/katar-wm-tote-101.html
2 https://www.amnesty.de/informieren/aktuell/katar-sechs-dinge-ueber-das-gastgeberland-der-fussball- wm-2022
3 https://www.tagesschau.de/sport/wm-binde-101.html
4 https://www.abendzeitung-muenchen.de/sport/tommie-smith-eine-faust-als-stimme-des-protests- art-547848 (Triggerwarnung: Rassismus, Faschismus)


Donnerstag, 15. Dezember 2022

Cancel Culture

Argumentierst du noch oder cancelst du schon? Von Anna Lenja Epp (Jg. 13)


TRIGGERWARNUNG RASSISMUS, INTERFEINDLICHKEIT, TRANSFEINDLICHKEIT

Es war Dienstag, der 11. Oktober, in der ersten Doppelstunde. Statt des regulären Geschichtsunterrichts gab es an diesem Tag einen Vortrag des Zeitzeugen Manfred Casper, der über seine Jugend in der DDR sprechen sollte. Etwa 90 Minuten tat er das auch. Er war ein guter Redner, berichtete anschaulich über seine Erfahrungen. Die Stunde neigte sich dem Ende zu, was er aufgrund des fehlenden Klingelns jedoch nicht bemerkte. Zum Abschluss seines Vortrags mahnte er die anwesenden Schüler*innen des 13. Jahrgangs, sich für die Bewahrung ihrer Freiheit einzusetzen. Soweit so gut.

Hierzu nannte er allerdings noch zwei Beispiele:

Das erste war die Neuauflage des Klassikers von Karl May – Winnetou. Herr Casper erzählte, wie dieses Buch in seiner Schulzeit konfisziert wurde, ihm aber von einem sympathischen Lehrer wieder zurückgegeben wurde, nachdem dieser es selbst gelesen hatte. Daraus schlussfolgernd hielt Herr Casper es für falsch, dass der Ravensburger Verlag dieses Buch nicht weiter verkaufen wollte. Er meinte, er sage nicht, dass alles, was darin stehe, richtig sei, allerdings solle sich doch jeder ein eigenes Bild vom Inhalt machen. Dabei erweckte er den Eindruck, als seien die Menschen, die über die Gräueltaten des Kolonialismus aufklären möchten, jene, die die Geschichte nach ihrem eigenen Weltbild umdeuteten und anderen diesbezüglich Vorschriften machen wollten.

Herrn Caspers zweites Beispiel bezog sich auf den abgesagten Vortrag Marie-Luise Vollbrechts an der Humboldt-Universität. Ihre Behauptung, es gebe biologisch nur zwei Geschlechter, befand er ohne jegliche Begründung oder Beweisführung für richtig. Die Vorgehensweise der Humboldt-Universität, bei der laut ihm Vollbrecht unter dem Vorwand, sie schützen zu wollen, am Vortragen gehindert würde, verglich er mit der sogenannten „Schutzhaft“ im Nationalsozialismus.

Er entfernte sich dabei weit von seinem eigentlichen Thema und nutzte die ihm gebotene Bühne für rassistische, inter- und transfeindliche Äußerungen. Auch wenn er den Begriff „Cancel Culture“ nicht verwendete, so bediente er sich dennoch derselben Narrative.

Doch was soll das eigentlich sein? In einem Artikel zum erwähnten Vortrag an der Humboldt-Universität definiert die „Neue Zürcher Zeitung“ Cancel Culture folgendermaßen:

„Der Begriff beschreibt den Versuch, Personen unsichtbar zu machen, die Meinungen vertreten, welche vom tatsächlichen – oder vermeintlichen – Konsens in Wissenschaft und Gesellschaft abweichen. Aktivisten versuchen dann, die Vertreter dieser Meinungen öffentlich zu diskreditieren. Das Ziel ist dabei fast immer das gleiche: Ihnen soll die öffentliche Plattform entzogen werden.“1

Wenn man dieser Definition glaubt, ist Cancel Culture eine echte Bedrohung für die Meinungsfreiheit. Das wäre schlimm. Aber ist es der Fall?

Bei dem beschriebenen Ereignis geht es um Marie-Luise Vollbrecht, die, wie zuvor schon erwähnt, an der Humboldt-Universität einen Vortrag mit dem Titel „Geschlecht ist nicht gleich Geschlecht. Sex, Gender und warum es in der Biologie nur zwei Geschlechter gibt“ halten wollte. Anlass war die „Lange Nacht der Wissenschaften“, bei der sich Universitäten für Besucher*innen öffnen und so für sich werben. Da im Vorfeld Proteste gegen den Vortrag und die darin enthaltene Queerfeindlichkeit angekündigt wurden, entschied sich die Universität dazu, diesen abzusagen beziehungsweise zu vertagen. Damit sollte laut der NZZ verhindert werden, dass die diesbezügliche Diskussion die gesamte Veranstaltung überschatte.2

Die Taz berichtet hingegen auch von angeblichen Sicherheitsbedenken, die die Humboldt Universität aufgrund von angekündigten Protesten geäußert habe.3

In dieser Vorgehensweise sehen die selbsternannten Ritter*innen im Kampf gegen die Cancel Culture einen Beweis für eine eingeschränkte Meinungsfreiheit, im Fall von Herrn Casper sogar einen Anlass für einen Nazivergleich. Das wäre vielleicht noch im Entferntesten vertretbar (also bis auf den Nazivergleich, der ist einfach nur bescheuert und geschichtsvergessen), wenn Marie-Luise Vollbrecht denn tatsächlich lediglich ihre Meinung zu irgendeinem Thema hätte vertreten wollen. Was ihre Unterstützer*innen dabei aber vergessen: Hass ist keine Meinung – und nichts Anderes ist Queerfeindlichkeit.

Vollbrecht hat nicht bloß eine Meinung, sie verbreitet Diskriminierung, noch dazu unter dem Deckmantel der Wissenschaft. Die Taz betont, dass es seitens der Protestierenden große Zweifel gegeben habe, ob Vollbrecht als Meeresbiologin überhaupt die Qualifikation besäße, einen wissenschaftlichen Vortrag über das Thema Transidentität zu halten. Dass die Universität daraus ein Sicherheitsrisiko ableite, verschiebe den Kernpunkt der Debatte.4

Denn ja, es gilt in Deutschland die Meinungsfreiheit und die ist auch auf jeden Fall schützenswert. Demokratie braucht verschiedene Meinungen und Auseinandersetzungen über diese. Doch Demokratie braucht keinen Hass, niemand braucht den. Die eigene Freiheit endet hier wie bei vielen anderen Beispielen da, wo die Freiheit anderer verletzt wird. In diesem Punkt gibt es Grenzen und das ist gut so. Menschen können alles sagen, doch manchmal sollten sie es mit Rücksicht auf andere sein lassen. Freiheit bedeutet nicht, dass ich alles tun kann, was ich will, sondern, dass ich tun kann, was ich will, solange ich keinem anderen Menschen schade.

Das ist ein wichtiger Unterschied, wenn es darum geht, Vorfälle wie jenen an der Humboldt-Universität richtig zu beurteilen. Bei wissenschaftlichen Vorträgen sollte die Wissenschaft im Vordergrund stehen – in diesem Fall der aktuelle Stand der Geschlechterforschung.5 Und „wissenschaftlicher Konsens [ist], dass die5 so genannten Geschlechtschromosomen XX und XY weder das äußere Geschlecht noch die geschlechtliche Selbstwahrnehmung eines Menschen eindeutig festlegen.“6
Vollbrecht hat damit nicht einfach nur ihre eigene Freiheit ausgelebt, sie hat die von anderen eingeschränkt. Deshalb ist dieser Vortrag nicht in Ordnung. Nicht weil anderen Menschen ihre Meinung nicht gefallen würde, sondern weil sie diese diskriminiert. Wir sollten Meinungen austauschen können, ohne Hass zu verbreiten Denn man kann über vieles Streiten, aber eben nicht über alles. Wenn man sich nicht einmal auf die Grundsätze einigen kann, dann ist eine konstruktive Auseinandersetzung unmöglich. Diese Grundsätze sollten Diskriminierung ausschließen und Fakten nicht zur Diskussion stellen. „Biologische Prozesse sind Fakten – die Label, die wir darauf kleben, nicht,“ fasst es die Neurowissenschaftlerin Franca Parianen in der
Berliner Zeitung zusammen.7

Ähnlich steht es bei Karl May. Seine Geschichte von Winnetou hat nichts mit der tatsächlichen Lebensrealität von Indigenen zu tun – im Gegenteil: Sie ist voll von Stereotypen. Genau das scheint auch der Ravensburger Verlag verstanden zu haben. „Angesichts der geschichtlichen Wirklichkeit, der Unterdrückung der indigenen Bevölkerung, wird hier ein romantisierendes Bild mit vielen Klischees gezeichnet [...]. Vor diesem Hintergrund wollen wir als Verlag keine verharmlosenden Klischees wiederholen und verbreiten,“ wird er in der Tagesschau zitiert.6 Leider kam diese Einsicht etwas spät und zwar erst nach der Veröffentlichung des Buches zum aktuellen Winnetou-Film, das wieder zurückgezogen wurde. Grund dafür war unter anderem der Shitstorm, den die bereits erwähnten Stereotype auslösten. Verfechter*innen der Cancel Culture sehen hierin mal wieder den Versuch, ihnen den Mund zu verbieten, und Herr Casper fühlte sich an seine Jugend in der DDR erinnert. Wie können diese woken Leute im Internet es nur wagen, frei ihre Meinung kundzutun und mit Argumenten einen Verlag davon zu überzeugen, dass ein rassistisches Buch keine gute Idee ist?

Ihr merkt, nur weil ein Verlag entscheidet, ein rassistisches Buch weniger zu verlegen, heißt das nicht, dass Zustände wie damals in der DDR herrschen.

Und ja, Winnetou ist eine fiktionale Geschichte und wir wissen alle, dass die darin beschriebene Handlung nicht wirklich passiert. Doch auch Fiktionen sollten keine Diskriminierung verbreiten – aber das tut ein Buch, wenn es Klischees über real existierende Menschen beinhaltet, die nichts mit der Wirklichkeit zu tun haben. Auch das Argument, Winnetou solle zur Auseinandersetzung mit eben diesem Thema anregen, ist sehr fadenscheinig, wenn man bedenkt, dass sich das vom Ravensburger Verlag zurückgezogene Buch an Kinder im Alter von sieben bis zehn Jahren richtet. Was denkt ihr, wie viele Kinder hätten wohl das Buch gelesen und sich dann gesagt „Das ist ja total unrealistisch! Ich recherchiere jetzt zu Kolonialismus und der Diskriminierung indigener Bevölkerung!“?

Es kann ja sein, dass viele Menschen mit Winnetou glückliche Kindheitserinnerungen verbinden, wie Herr Casper es tut. Dennoch sollte sie dies nicht davon abhalten, auch andere Assoziationen mit dieser Geschichte zuzulassen und denen zuzuhören, die Kritik daran äußern. Denn auch, wenn sie als Kind nicht in der Lage waren, das beschriebene Geschehen angemessen zu reflektieren, so tragen sie nun im Erwachsenenalter die Verantwortung dafür.

Damit zurück zu Herrn Casper und seinem fragwürdigen Auftritt. Als Autor des Buches „Vom Wachsen der Flügel“, das auch in unserer Schulbibliothek zu finden ist, wurde er eingeladen. Bezahlt werden seine Vorträge von der „Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit“7, einer Stiftung, die der FDP nahesteht. „Mit unseren Veranstaltungen und Publikationen ermutigen wir Menschen, sich aktiv im politischen Geschehen einzumischen. [...] die Freiheit hat keine gute Konjunktur im Deutschland dieser Tage. Umso wichtiger ist es, für Freiheit zu werben und darum, die Verantwortung wahrzunehmen, die mit Freiheit einhergeht,“8 heißt es auf der Website der Stiftung.

Umso weniger verwunderlich scheint es, dass Herrn Caspers Vortrag mit einem – milde gesagt – vergleichbaren Statement endete. Er nutzte die Plattform für politische, aber vor allem diskriminierende Aussagen, und das ist nicht in Ordnung. Seine Meinung und politische Position hat in einem Vortrag vor einer Schulklasse nichts verloren.

Auch das ist wieder eine Meinung, und zwar meine. Nur halte ich keinen vermeintlich neutralen Vortrag und ich werde auch nicht von einer parteinahen Stiftung bezahlt.

Dass Herr Casper seine Meinung verbreiten konnte und auch weiterhin Vorträge an dieser Schule halten kann, wenn auch mit der Bitte, keine weiteren politischen Statements abzugeben, zeigt, dass eine Cancel Culture oder „Einschränkung der Freiheit“ nicht existiert, zumindest nicht für jene, die sich darüber beklagen.

Stattdessen scheint es fast so, dass der Vorwurf der Cancel Culture für viele Menschen bloß ein Weg ist, um sich gegenüber sämtlicher Kritik zu verschließen.


1 https://www.nzz.ch/international/transsexualitaet-humboldt-uni-verhindert-vortrag-von-biologin-ld.1691861
2 Ebd.
3 https://taz.de/Umstrittener-Gender-Vortrag-in-Berlin/!5868796/
4 https://taz.de/Transfeindlichkeit-an-Universitaet/!5864307
5 https://taz.de/Wissenschaftliche-Fakten-ueber-Geschlecht/!5862717 sowie
https://www.berliner-zeitung.de/open-source/vortrag-hu-berlin-geschlecht-neurowissenschaftlerin-zur-hu-das-ist-keine-cancel-culture-sondern-fortschritt-li.243461
6 https://www.youtube.com/watch?v=n7szGDphbhU
7 https://vomwachsenderfluegel.de
8 https://www.freiheit.org/de/ueber-die-stiftung


Freitag, 9. Dezember 2022

Fußball

Im Wettrennen? Bohao Zheng (5c) vergleicht die Ausgaben in den Fußballligen Deutschlands, Englands und Spaniens.


Die drei „größte Ligen weltweit“ (Bundesliga: Deutschland, LaLiga: Spanien, Premier League: England) duellieren sich eigentlich schon seid über 70 Jahren, in der UEFA Champions League (Gründungsjahr 1955/56), wer die besten Vereine in seinen Reihen hat. Daneben gibt noch zwei andere europäische Vereinsliegen: die Europa League (Gründungsjahr 1971/72) und die Conference League (Gründungsjahr 2021/22).

Doch was ist jetzt die beste Liga?

Die Premier League (England), denn alle ihre Vereine zusammen haben den höchsten Marktwert.

An zweiter Stelle liegt LaLiga und an dritter Stelle die Bundesliga. Obwohl … eigentlich ist die Bundesliga auf dem zweiten Platz, da ich die gesamten Vereinspreise zusammengezählt habe, und da die Bundesliga nur 18 Vereine hat (LaLiga und Premier League 20 Vereine), hinkt der Vergleich etwas.

Aber jetzt die genauen Werte (alle Angaben in Mrd. €):


Und wie sieht es mit den Meister (1. in der Liga) aus?

Meister in der Bundesliga (Deutschland) ist: FC Bayern München
Der Meister in LaLiga (Spanien) ist: FC Real Madrid
Der Meister in der Premier League (England) ist: Manchester City

Doch wie sieht es jetzt mit den Marktwerten aus? (Angaben in Mio. €.)


Und was sieht man? England dominiert. Und auch die Premier League führt! Auch wenn es die jüngste Liga ist (Gründungsjahr 1992).



[Alle angegebenen Daten aus der Saison 22/23 (Winterpause)]
Quelle:
https://www.transfermarkt.de