Montag, 21. Juni 2021

Jugendpressetag: Fragen an den Verkehrsminister

Digitaler Jugendpressetag – Jan-Marten Kleine-Besten und Louis Ostrowski befragen den Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur Andreas Scheuer. Dazu: der Faktencheck.



Im März 2020 sollte der jährliche Jugendpressetag für Reporter einer Schülerzeitung mit einem bunten Programm in Berlin stattfinden. Damals stand auf dem Programm, dass junge Journalisten die Möglichkeit bekommen sollten, ihre Fragen an die Bundesministerin für Bildung und Forschung Anja Karliczek vor Ort stellen zu können. Aufgrund der fortschreitenden Corona-Pandemie Anfang des Jahres musste der Jugendpressetag allerdings kurzfristig abgesagt werden. Ein Jahr später bekamen wir eine zweite Möglichkeit am Jugendpressetag teilzunehmen.

Vor einigen Wochen sendete Jugendmedienzentrum e.V. überraschend eine E-Mail an alle Interessenten, dass der Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur Andreas Scheuer zu einem digitalen Jugendpressetag einlud.

Am 16. Juni 2021 um 14:00 Uhr ging es für uns los. Wir starteten die Zoom-Konferenz an unseren Computern. Es ploppten sofort knapp ein Duzend schwarzer Kacheln mit Namen auf dem schwarzen Bildschirm auf. Einige der Teilnehmer hatten auch ihre Kameras angeschaltet. Der Moderator Christian Kolb führte uns in den Ablauf der Veranstaltung ein und erklärte das Vorgehen beim Stellen einer Frage an Herrn Scheuer. Einen kurzen Moment später erschien das Kamerabild des Bundesministers in einer der schwarzen Kacheln. Zu Beginn waren die Teilnehmer beim Stellen ihrer Fragen etwas zurückhaltend. Nach der ersten Frage durch den Moderator war der Bann allerdings gebrochen und eine Reihe von den nun etwa zwanzig Teilnehmern stellte ihre Fragen.

Auch wir hatten die Möglichkeit, jeweils zwei Fragen an den Minister zu richten: Wie ist der aktuelle Stand bei der Entwicklung und Förderung einer großen europäischen Suchmaschine mit eigenem Algorithmus als eine alternative Lösung zu den amerikanischen Anbietern.

Der Bundesminister äußerte, dass durch die Corona-Pandemie erheblich mehr Geld auf europäischer Ebene in viele Bereiche rund um das Thema Digitalisierung investiert wird. Zum konkreten Sachstand bei der Entwicklung einer europäischen Suchmaschine merkte er an, dass in den letzten Jahren auf europäischer Ebene viel über dieses Thema diskutiert wurde, allerdings seien aus seiner Sicht zum aktuellen Zeitpunkt noch zu wenige Lösungen auf dem Markt. Die Weiterentwicklung einer europäischen Suchmaschine sei ein bedeutender Schritt, um mit amerikanischen Anbietern in den direkten Wettbewerb treten zu können.


Eine weitere Frage von uns befasste sich mit Dienstreisen von Mitarbeitern des Ministeriums und des Ministers selbst. Dabei interessierte uns besonders, inwiefern Mitarbeiter die Eisenbahn als Verkehrsmittel momentan nutzen und inwieweit Kurzstreckenflüge als Reisemöglichkeit genutzt werden.

Der Minister betonte, dass innerhalb der letzten Legislaturperiode die Bundesregierung etliche Investitionen zum verstärkten Ausbau des Schienenverkehrs in Deutschland getätigt hat. Im letzten Jahr seien die zur Verfügung gestellten Mittel für den Schienenverkehr größer als jene für den Straßenverkehr gewesen.

Unsere dritte Frage griff einen ähnlichen Themenbereich auf. Wir wollten von Herrn Scheuer wissen, welche Fahrzeuge mit alternativen Antrieben aktuell im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur zu Verfügung stehen.

Scheuer skizzierte grob den Fuhrpark des Ministeriums an Fahrzeugen mit alternativen Antrieben. Dazu zählten einige Autos mit Elektroantrieb und welche, die mit Wasserstoff betrieben würden, sowie ein Lastenfahrrad. Zusätzlich würden innerhalb des Ministeriums weitere Fahrzeuge mit synthetischen Antrieben getestet.

Unsere letzte Frage bezog sich auf zukünftige bundesweite Vorhaben zu Ausbau und Förderung des ÖPNV in strukturschwachen Regionen. Herr Scheuer merkte hierzu zunächst an, dass der öffentliche Nahverkehr von den Kommunen und Ländern organisiert werde und dort konkrete Konzepte für einzelne Regionen entwickelt würden. Zudem hätte sein Ministerium in den letzten Jahren etliche Finanzmittel in Pilotprojekte investiert, um den ÖPNV bundesweit zu stärken. Dabei sollte man aus seiner Sicht in Zukunft vor allen Dingen verstärkt auf Rufsysteme für öffentliche Verkehrsmittel setzten. So könnten Fahrgäste flexibler ein passendes Verkehrsmittel nutzen.

Neben unseren Fragen stellten die anderen Teilnehmer des Jugendpressetags ebenfalls etliche Fragen, die sich beispielweise mit dem Umgang mit Individualverkehr und den flächendeckenden Ausbau des Mobilfunknetzes in Zukunft beschäftigten. Nach etwas mehr als einer Stunde neigte sich der digitale Jugendpressetag dem Ende hin, und es blieben wegen der begrenzten Zeit noch einige Fragen von Schülern offen.

Zusammengefasst ist uns positiv in Erinnerung geblieben, dass sich der Minister viel Zeit genommen und versucht hat, die Fragen umfassend und verständlich zu beantworten. Aus unserer Sicht war es eine interessante Erfahrung, ein Interview per Videokonferenz zu führen und trotzdem etliche unserer Fragen stellen zu können.

***

Faktencheck zu den Antworten des Verkehrsministers: Antworten des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur auf unsere Fragen.


WGtarier: Seit einigen Jahren wird zu einer europäischen Suchmaschine als alternative Lösung zu Produkten von amerikanischen Anbietern auf europäischer Ebene diskutiert. Könnten sie ein paar Fakten zum aktuellen Entwicklungs- und Förderungsstand geben. Gibt es eventuell bereits konkreten Lösungen als Angebot?

Verkehrsministerium: Auch wenn der Anteil der US-amerikanischen Anbieter Google und Bing auch bei uns in Europa sehr groß ist, gibt es bereits europäische und sogar deutsche Alternativen. Im BMVI beschäftigen wir uns vorwiegend mit der Frage, was mit den Daten passiert, die in immer größerem Umfang generiert werden – in unserem Fall vor allem mit Mobilitätsdaten. Wir wollen neue datenbasierte Geschäftsmodelle nicht den großen Akteuren aus dem Silicon Valley überlassen. Darum haben wir Regeln definiert, die festlegen, in welcher Form Daten genutzt werden dürfen und zu welchen Konditionen. So ist der Datenraum Mobilität entstanden, in dem Behörden, Industrie, Verkehrsunternehmen und Start-ups ihre Informationen einspeisen und austauschen können. Dieses Konzept der Datenräume hat die Bundesregierung in ihrer Datenstrategie verankert. Sie sind auf zahlreiche Bereiche anwendbar. Der Kern der Sache ist, dass alle Teilnehmenden die volle Kontrolle über ihre Daten behalten. Mit der Mobilithek bauen wir derzeit zudem unsere eigene Suchmaschine speziell für Mobilitätsdaten auf. Damit lassen sich dann sogar Echtzeitdaten abrufen. So lässt sich dann beispielsweise nachschauen, ob der Schulbus gleich um die Ecke biegt und man lieber schnell zur Haltestelle rennen oder sich noch Zeit lassen kann.

WGtarier: Inwiefern hat das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur in ihren Fuhrpark bereits Fahrzeuge mit alternativen Antriebsarten integriert. Könnten sie hierzu bitte ein paar konkrete Zahlen nennen?

Verkehrsministerium: Im BMVI gilt die Anweisung des Ministers, dass nur Kraftfahrzeuge (PKW) beschafft werden dürfen, die den Kriterien des Elektromobilitätsgesetzes entsprechen. Der Anteil von Kraftfahrzeugen mit alternativen und umweltschonenden Antriebstechnologien bei den Neu- und Ersatzbeschaffungen beträgt im BMVI 100 Prozent.

WGtarier: Besonders in strukturschwachen Regionen ist der öffentliche Personennahverkehr meistens aus Sicht der lokalen Bevölkerung noch nicht ausreichend ausgebaut. Inwiefern hat ihr Bundesministerium in der letzten Zeit auf Bundesebene Förderprogramme gestartet oder laufen diese bereits aktuell? Könnten sie hierzu ein paar konkrete Beispiele nennen?

Verkehrsministerium: Der Bund stellt bereits viel Geld für den Nahverkehr vor Ort bereit. Die Mittel für eine bessere Infrastruktur haben wir in dieser Legislaturperiode insgesamt versechsfacht! Von ursprünglich jährlich rund 330 Millionen Euro auf zwei Milliarden Euro im Jahr 2025. Und auch für den eigentlichen Verkehr stellt Bund Mittel zur Verfügung. Mit den sogenannten Regionalisierungsmitteln können die Länder den Nahverkehr finanzieren, z.B. eine Verbindung mit einem Regionalzug. Diese Mittel betragen aktuell bereits rund 9,3 Milliarden Euro. Auch sie werden erhöht, damit die Länder noch bessere Angebote machen können. Und dann gibt es neben dem klassischen öffentlichen Verkehr noch die neuen Dienstleistungen, wie On Demand-Verkehre, Ride-Sharing, Pooling. Wir haben das Gesetz zur Personenbeförderung modernisiert und damit solche Dienste ermöglicht und rechtlich sichergestellt. Ein Fortschritt für Stadt und ländliche Regionen.

WGtarier: Inwiefern bewältigten die Mitarbeiter/-innen des Ministeriums ihre Dienstreisen mit der Eisenbahn oder anderen alternativen Lösungen im Vergleich zu Flugreisen? Können sie hierzu konkrete Zahlen nennen oder Angaben zu den alternativen Möglichkeiten machen?

Verkehrsministerium: Dienstreisen sollen wo möglich mit der Deutschen Bahn durchgeführt werden. Denn die Geschäftsreisen mit bahn.business sind CO2-frei: Durch Vermeidung von direkten sowie einer Kompensation von indirekten Emissionen fährt der Geschäftsbereich klimafreundlich.






Bilder:

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen