Montag, 14. Juni 2021

Future-Peers II

Verantwortung für sich selbst, das eigene Umfeld, die globalen Bedingungen. Katja Peper, Organisatorin beim Projekt Future-Peers, beantwortet die Fragen von Jan-Marten Kleine-Besten und Louis Ostrowski.


Teil 2: Interview mit einer Organisatorin


Das Projekt „Future-Peers“ ist ein aktuelles Projekt, bei dem Jugendliche und junge Erwachsende lernen sollen, sich für Projekte rund um das Thema Nachhaltigkeit zu engagieren. Wie kam es zur Gründung des Projekts?


Die Idee entstand durch ein ganz anderes Projekt vor der Corona-Zeit. Wir haben eine lange Liste an Workshops und Tools, die so konzipiert sind, dass jederman sie überall einsetzten kann. Zu Beginn haben beispielsweise Schulen uns Peer-Leader eingeladen, diese Workshops bei ihnen durchzuführen. Da wir aber mittlerweile selbst alle voll berufstätig sind, ist diese Möglichkeit nur noch beschränkt nutzbar. Somit haben wir zu Beginn des Jahres SchülerInnen aus ganz Niedersachsen zu sogenannten Klima-MultiplikatorInnen ausgebildet. Wir haben uns für ein Wochenende in Papenburg mit rund 40 SchülerInnen getroffen, sind die Klimaworkshops zusammen durchgegangen und haben Tipps zur Durchführung gegeben. Die Idee dahinter ist, SchülerInnen zu MultiplikatorInnen „auszubilden“, um wie in einem Schneeballsystem das Wissen weiterzugeben. Leider blieb dieses Projekt wegen Corona bei nur einem Durchgang, und so kamen wir auf die Idee Future-Peers.

Wir haben uns viel mit dem Thema Corona auseinandergesetzt. So war die erste Idee zunächst einmal, den SchülerInnen, die unter dem Schulausfall Rückschläge erleiden würden, einen Ausgleich zu schaffen. Daher hieß das Projekt zunächst „Corona-Peers“. Aus der Kombination entfallener Klima-MultiplikatorInnen-Seminare und den möglichen Rückschlägen für SchülerInnen durch Corona entstand die Idee, SchülerInnen aus Niedersachsen zu sogenannten „Future-Peers“ auszubilden.

Zu Anfang wurden über mehrere Wochen „Peerinare“ (Online-Seminare für zukünftige „Future-Peers“) durchgeführt. Auf welchen Schwerpunkten lag bei diesen Treffen der Fokus?

Wir verfolgen immer den gleichen Ablauf WISSEN ® Urteilen ® Handeln. Die sechs Peerinare dienten als kleine „Entschülerung“.

Im Verein Peer-Leader-International haben wir einige Jahre lang SchülerInnen, die Interesse am Projekt hatten, erstmal „entschülert“. Durch einen Sportpädagogen haben zukünftige Peer-Leader in Ostrhauderfehn spielerisch gelernt, Gruppen anzuleiten.

Die Peerinare („Kennenlernen“, „Schule/Bildung“, „Die Welt“, „Käsesitzung – finde die Lücken im System!“, „Tools und Strategie“) dienten als „Entschülerung“ im Schnelldurchlauf. Vor jedem Handeln bieten wir einen „Eye-Opener“, eine „Provokation“ an, um über den Tellerrand hinauszuschauen und die Welt zu sehen und nicht nur das Dorf/die Stadt, in der man lebt. Es soll ein Anreiz sein, groß und global zu denken.

Wie können die Teilnehmer der Veranstaltungen aus Ihrer Sicht das erworbene Wissen in konkrete Projekte umsetzen – gibt es eventuell bereits Projekte, die solche Ideen umsetzen konnten?

Das Coole an dem Projekt Future-Peers und generell allen Projekten des Vereines Peer-Leader-International ist es, dass alles KANN, aber nichts MUSS. Dies ist ein „Spielplatz“, ein „Probierfeld“, wo man auch einfach mal scheitern darf, wo man sich ausbreiten kann und seinen Ideen freien Lauf lassen darf. Hier bestimmen die Future-Peers die Richtung. Alle teilnehmenden Future-Peers haben die Möglichkeit, von kleinen lokalen Projekten bis hin zu großen globalen Projekten alles auszuprobieren und sich auszutesten. So oder so werden alle Future-Peers an ihren Ideen wachsen und was fürs Leben mitnehmen können.

In welcher Form wird das „Future-Peers“ Projekt finanziert?

Das Projekt wird vom niedersächsischem Kultusministerium und von der niedersächsischen Lotto-Sport-Stiftung gesponsert.

In der letzten Zeit sind die Einsichten von vielen jungen Menschen in Bezug auf nachhaltiges Handeln gestiegen. Welche Aspekte sehen sie in Hinblick auf diese Entwicklung als positiv und welche noch als veränderungswürdig an und warum?

Noch immer denken wir, wir seien der Nabel der Welt und glauben, dass kleinste Veränderungen für mehr Nachhaltigkeit unser Leben massiv verändert. Wir müssen mehr verstehen, dass wir vor großen Veränderungen stehen, die aber nicht der Weltuntergang sind, sondern dass wir andere Menschen in dramatischen Situationen retten könnten. Kleinhandel, Hunger, Flucht, Kriege, Wassernot, Artensterben müssen wir stoppen. Aber: Das geht nicht durch Verhalten im privaten Bereich. Vegetarier werden ist klasse, rettet aber nicht die Welt, schon gar nicht schnell. Junge Menschen müssen mehr Einfluss auf politische Entscheidungen nehmen, dort werden Weichen gestellt, nicht zu Hause.

Der Verein „Peer-Leader-International“ ist den meisten Menschen in Deutschland sicherlich noch nicht bekannt. Beschreiben Sie bitte, was den Verein auszeichnet und für welche Ziele er steht.

Peer-Leader-International ist ein auf „Peer-Education“ basierendes internationales Netzwerkprojekt zur Realisierung der Sustainable Development Goals (Anm. d. Red.: der 17 Nachhaltigkeitsziele der UNESCO). Neben dem Standort im ostfriesischen Ostrhauderfehn gibt es Peer-Leader-Teams in Südafrika, Brasilien, Malawi, Uganda und Ukraine. Gute Kontakte zu jungen Menschen gibt es in Israel, Tunesien, Ägypten, Zimbabwe, Bosnien und vielen weiteren Ländern.

Peer-Leader-International gibt Jugendlichen Möglichkeiten, sich auszuprobieren, Neues kennen zu lernen und sich dadurch auf ein selbstbestimmtes, engagiertes und weltoffenes Leben vorzubereiten. Lernen und Spaß durch eigenverantwortliches und gemeinschaftliches Erarbeiten von gemeinnützigen Projekten stehen dabei im Mittelpunkt. Das geht sowohl in Schulen als auch in freien Gruppen.

Alle Projekte werden von den ersten Ideen bis hin zur systematischen Realisierungen von den Jugendlichen selbst entwickelt, erprobt, verbessert, verbreitet. Hierfür notwendige Kompetenzen wie zum Beispiel Team- und Kritikfähigkeit erlernen die Jugendlichen unter der Anleitung erfahrener Peers, von MitarbeiterInnen und freiwilligen UnterstützerInnen, um sich mutig und selbstbewusst in den verschiedensten Bereichen auszuprobieren, ihre Grenzen kennen zu lernen und somit wertvolle Erfahrungen für ihr weiteres Leben zu sammeln.

Peer-Leader-International regt Jugendliche und Erwachsene aus verschiedensten Kulturen, sozialen Schichten und Lebensbereichen an, sich beim Erarbeiten von Projekten kennenzulernen, auszutauschen und gemeinsam zu engagieren. Sie erobern gemeinsame neue Handlungsräume und versuchen Einfluss zu gewinnen auf Dinge, die Gegenwart und Zukunft betreffen.

Bei Peer-Leader-International dabei zu sein bedeutet, das Leben aktiv zu gestalten, Verantwortung für sich selbst und das eigene Umfeld oder globale Bedingungen zu übernehmen und sich kreativ in die Gesellschaft einzubringen. Die persönliche Entwicklung der/des Einzelnen ist der Lohn dafür. „Ein gutes Leben für alle“ ist das Ziel!

In welcher Verbindung steht der Verein „Peer-Leader-International“ zu dem Projekt „Future-Peers“?

Der Verein Peer-Leader-International e.V. ist wie oben beschrieben ein Verein, der auf Grundlage der 17 Nachhaltigkeitsziele arbeitet. Die Ideen, wie unter anderem Future-Peers, entstehen in offenen Teamsitzungen oder Treffen mit internationalen Partnern.

Gerade in den Wintermonaten überlegen viele Menschen, sich zu engagieren. In welcher Form wäre ein Engagement bei den „Future-Peers“ oder „Peer-Leader-International“ in Zukunft möglich?

Wegen der Corona-Krise haben wir alles auf Online-Sitzungen umgestellt. Das ermöglicht jedem Peer aus der ganzen Welt an allem teilzunehmen, mitzudenken und aktiv zu werden. Man kann uns einfach kontakten und reinschnuppern in die freiwillige Arbeit, die der Verein macht.

Sie selbst haben das Future-Peer Projekt mitgegründet und haben als Organisatorin die „Peerinare“ mit geleitet. Worin bestand/besteht ihr persönlicher Antrieb sich für das Projekt zu engagieren?

Diese Frage wird mir oft gestellt, von Freunden, von Familie sogar meinen KollegInnen bei der Arbeit. „Katja, warum steckst du so viel Zeit und Arbeit ehrenamtlich in den Verein Peer-Leader-International und die daraus entstandenen Projekte, warum ‚opferst‘ du die Hälfte von deinem dir zustehenden Urlaub, um an weltweiten Begegnungen teilzunehmen?“

Diese Frage ist schwer zu beantworten. Es wäre nichts für mich, mich überhaupt nicht zu engagieren und nur in meinem Zimmer zu hocken. Die Welt hat mehr zu bieten. Tolle Länder, Menschen, Kulturen. Ich habe viele Freunde auf der ganzen Welt durch das Projekt gefunden, zweite Familien durch Leben in Gastfamilien und mich persönlich so krass weiterentwickelt.

Zum Abschluss können Sie ein Zitat, was sie geprägt hat/welches für Ihre Arbeit steht, hinzufügen.

Meine Motivation und mein Antrieb sind seit Jahren: Ich will wenigstens noch mehr Chaos auf der Welt vermeiden. Es gibt so viele Themen/Probleme, die es zu lösen gibt, da muss nicht noch mehr dazukommen. Diese Erkenntnis kam mir ganz nebenbei bei den vielen Begegnungen mit unseren Partnerländern und durch die Eindrücke, die ich über meine knapp zehn Jahre im Verein Peer-Leader-International sammeln durfte.


Weitere Informationen abrufbar unter: info@peerleader.org

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