Montag, 25. Juni 2018

Herr Gerstmann

Vale, magister Gerstmann! oder Wie ich Ihren Lateinunterricht finde. Von Iman Sibai

 „Schreib besser nicht so viel über deine Mitschüler, Iman. Schreib doch mal ... wie du den Lateinunterricht findest!“
Okay, Herr Gerstmann, so eine Einladung bekommt man nicht jeden Tag. Ich würde zwar gerne über so manch anderen Unterricht schreiben, aber als erfahrene Frühlateinerin einen Artikel über den Lateinunterricht bei unserem frischgebackenen Lehrer Herrn Gerstmann zu verfassen, ist schon mal ein guter Anfang.
Herr Gerstmann begleitete Frau Globig als Referendar und übernahm uns dann in der achten Klasse, als Frau Globig sich um ihre Familie kümmern musste.
Viel änderte sich erstmal nicht: immer noch immer mehr Vokabeln reinziehen, Deklinationen und Fälle lernen, mehr oder weniger alberne Eselsbrücken bauen – und der wöchentliche Vokabeltest. Immerhin gab es einen Neulingsbonus: Herr Gerstmann zog uns keine Punkte ab, wenn wir im Vokabeltest nur eine von zig möglichen Übersetzungen hinschrieben.
Und obwohl er uns schon eine Weile kannte, konnte sich Herr Gerstmann einfach nicht unsere 25 Vornamen merken.
„So, Iman, jetzt sag mir mal, wer ist denn nun Moritz und wer ist Jonas?“ Ich flüsterte zurück: „Moritz ist der mit dem Armband, auf dem ‚Moritz‘ steht, und Jonas ist der andere.“ Natürlich verwechselte der König der Eselsbrücken die beiden auch weiterhin. Wie um Himmels Willen merkt er sich die ganzen q-Wörter?!
Herr Gerstmann führte Tablet und Beamer ein und brachte so etwas frischen Wind und moderne Technik in unsere Alte Sprache. Sogar die Licht- und Tontechnikbegeisterten hatten manchmal ihre Probleme damit. Aber Herr Gerstmann riss sich immer zusammen, wenn wir mal etwas Blödes sagten. Nach kurzem, fassungslosem Herumfuchteln, öffnete er die Klassentür, atmete tief ein und aus und schloss die Tür wieder. Manchmal stieß er sich auch den Kopf an der Tafel kaputt (Achtung: Eselsbrücke!), zumindest andeutungsweise. Aber wir warteten dann schuldbewusst und geduldig, bis er sich dios mío murmelnd wieder beruhigte.
Für seine Lehrerprüfung bat er uns alle – einige ganz besonders – inständig, uns zu benehmen. Er versprach uns sicherheitshalber sogar ein Eis. Wir haben uns selten so gut benommen. Sehr vorbildlich verhalten hat sich sogar – ach ja, ich soll ja „besser NICHT über meine Mitschüler schreiben“. Für jenen hier nicht Genannten gab es jedenfalls einen zutiefst dankbaren High Five von Herrn Gerstmann!
Das Erbe von Herrn Schad und Frau Globig anzutreten, war sicher nicht einfach.
Aber: Optime, Magister Gerstmann! Der Unterricht war immer lustig, lehrreich, sehr gut strukturiert und ganz und gar nicht öde und verstaubt – wir lassen Sie ungern gehen.
Wir wünschen Ihnen, dass die Papenburger Werftsarbeiterkinder genau so nett sind wie wir.
Danke und alles Gute von Ihrer „8a“!


1 vale!: lat. lebe wohl!
2 magister: lat. Lehrer
3 caput: lat. Kopf
4 dios mío!: span. mein Gott! (Herr Gerstmann unterrichtet auch Spanisch)
5 optime!: lat. hervorragend!




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