Wie wohl die Kinderverfilmung von Lessings „Nathan der Weise“ aussehen wird, haben wir uns gefragt. Die Antwort, die uns heute gegeben wurde, ist eine klare: vereinfacht und verfälscht. Für Kinder ab neun Jahren sollte die Aufführung des Staatstheaters Braunschweig im Haus III die aufklärerische Geschichte des weisen Juden Nathan erzählen, der eine Christin adoptierte und sie liebte wie sein eigenes Kind, obwohl ihm durch Christen seine Familie zerstört worden war. Die Geschichte von Nathan, der die Welt mit klaren Augen sah.
Auf die Bühne stürmten ein zorniger Saladin, ein geldgeiler Nathan und ein ausgesprochen theatralischer Bischof. Sie alle schrien, stürmten und prügelten, lachten, spielten und verbündeten sich. Die Figuren des dramatischen Gedichts traten auf und zeigten das Verständnis ihrer Rolle, wie es Regisseur Sebastian Wirnitzer vorgesehen hat. Vier weitere Schlüsselfiguren, nämlich Daja, Sittah, Al-Hafi und der Mönch Bonafides, wurden gänzlich außer Acht gelassen. So führten Saladin und der Bischof selbst Botengänge aus, Recha war von Daja unbeeinflusst und die Frage der Abstammung von Recha und dem Tempelherrn blieb lediglich eine Hypothese.
Die Klischees der jeweiligen Charaktere wurden erfüllt, aber Klischees waren keine Eigenschaften von Nathan, Saladin und Recha, die Lessing ihnen zugeteilt hätte. Letztlich kam das Stück, das durchaus sehr lustige Szenen enthielt, doch noch zu dem Ende, dass alle Menschen gleich sind, egal welche Religion sie mit sich bringen – da alle Religion gleich sind, auch wenn das einige Menschen noch anders sehen mögen.
So forderten die jungen Leute in dem Stück zur Handlung auf. Recha selbst verlangte von den Repräsentanten der drei großen Weltreligionen sogar, ihr zu sagen, welche davon die Richtige sei. Die schauspielerische Leistung der Akteure war gut, die Deutung der Figuren aber manchmal fragwürdig, das Bühnenbild (Vinzenz Gertler) oft verwirrend.
Die Einleitung des Stückes, in der die drei Hauptdarsteller in einem kleinen Video nackt aus dem Wasser sprangen und von Gott ihre Kleidung (die ihre Religion definierte) zugeteilt bekamen, und der ständige Begleiter Gewalt lassen aber zu dem Schluss kommen, dass dieses Stück definitiv nicht für Kinder ab neun Jahren geeignet ist, auch wenn es zum eigenständigen Handeln und Denken anregt.
Foto oben:
Marko Werner als der Jude Nathan (links) und Nina El Karsheh als Sultan (rechts) ringen mit dem Bischoff, dargestellt von Holger Foest
Wertung:
Sehr geehrte Frau Sprengel, heute gilt, was auch schon zu Lessings Zeiten galt: wer lesen kann ist klar im Vorteil; denn das Stück, welches Sie sahen hieß weder Nathan der Weise, noch war es aus Lessings Feder. Insofern ist ihre Klage über das Fehlen wichtiger Figuren aus Lessings stück so als vermissten Sie das Auftreten Othellos und Desdemonas in Shakespeares Hamletmaschine.
AntwortenLöschenSie merken es selber, nicht wahr.
Deutschstunde. Ein paar Anmerkungen zur Orthogaphie und Kommasetzung im obigen Kommentar:
AntwortenLöschen- ... lesen kann, [!] ist klar
- ... welches Sie sahen, [!] hieß ...
- ... Lessings Stück [!] so, [!] als vermissten ...
Die "Hamletmaschine" ist übrigens von Heiner Müller.
Eben. Die Hamletmaschine ist von Heiner Müller. Der Artikel aber kritisiert ein Hub-Stück, als sei es ein Lessing-Stück. Können Sie das verstehen, wenn es in so einfachen Worten formuliert ist? Ich bin unsicher, denn offensichtlich bekümmert man sich in Ihrem Deutschunterricht, wie Ihr Kommentar ja beweist, ausschließlich um Orthographieregeln, statt um das Veständnis von Inhalten; sonst wären Sie in der Lage gewesen inhaltlich zu antworten.
LöschenIch habe das Stück nicht gesehen, sondern nur diesen Artikel gelesen. Ich halte es aber bei einem Stück, das eine Verarbeitung von Lessings Drama darstellt, durchaus für angebracht (und bei einer Kritik sogar notwendig), mit dem Original zu vergleichen. Für mich entstand beim lesen des Artikels nicht der Eindruck, es werde eine Inszenierung von "Nathan der Weise" rezensiert und ich kann Ihre Kritik deshalb nicht hundertprozentig nachvollziehen.
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