„Gemeinsame Schule von Klasse 1 bis 10“. Die Volt-Partei antwortet auf die Fragen von Louis Ostrowski.
Am 12. September 2021 wird in Braunschweig gewählt: die oder der Oberbürgermeister:in, der Rat der Stadt und die Stadtbezirksräte. Alle, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, sind wahlberechtigt. Um euch bei der Entscheidung zu unterstützen, veröffentlichen wir in loser Folge Interviews, in denen die Parteien ihre Standpunkte erklären können. Die Texte erscheinen in der Reihenfolge, wie sie bei uns eingegangen sind.
1. FDP
1. FDP
2. Die Partei
3. Die Linke
4. BIBS
5. AFD
7. Volt
8. CDU, Die Grünen, SPD: Diese drei Parteien haben wir mehrfach angeschrieben. Antworten auf unsere Fragen haben wir leider nicht erhalten.
Die paneuropäische Partei Volt will sich mit einem neuen Politikstil für ein klimafreundliches, sozialverträgliches sowie liberales Europa einsetzen und die Einheit der europäischen Staaten stärken. Kernelement unserer politischen Strategie ist es, funktionierende Lösungsansätze aus anderen europäischen Kommunen als sogenannte Best-Practice-Beispiele umzusetzen, wodurch wir eine lösungsorientierte Politik erreichen wollen. Kurz: paneuropäisch, progressiv, pragmatisch
Uns ist wichtig den Zusammenhalt innerhalb der europäischen Union nicht nur zu sichern, sondern auch zu vertiefen. Dafür halten wir Reformen der europäischen Institutionen für sehr wichtig. So soll das Europäische Parlament etwa, das aus unseren direkten Vertreter*innen besteht, Gesetze vorschlagen dürfen. Die EU muss direkter, transparenter und bürgernäher werden Europa bietet aber auch Vorbilder, welche wir aufgreifen und in unserem Stadtrat einbringen möchten. Fahrradfahren wie in Kopenhagen, möchten wir auch hier in Braunschweig umsetzen. Schulen vernünftig auf die Digitalisierung vorbereiten? Estland macht es vor. Europas Kreativität auf lokaler Ebene anwenden, das wollen wir für Braunschweig!
Wie setzen Sie sich für Bildung ein?
Inmitten gewaltiger gesellschaftlicher Veränderungen rund um Klimawandel und Digitalisierung lernen wir weitgehend noch immer wie vor 100 Jahren. Das muss sich ändern. Unsere Vision von Schule ist nicht in Schulformen, Klassenstufen und Fächer gegliedert, sondern nach individuellen Neigungen und Begabungen. Wir streben nach dem Vorbild der skandinavischen PISA-Vorreiter eine gemeinsame Schule von Klasse 1 bis 10 an, in der Schüler*innen individuell gefördert werden: Das kann zum Beispiel bedeuten, dass sie ein Projekt zum Thema "Werbung" auf einem einfachen Leistungsniveau bearbeiten, eines zum Thema "Energie" dagegen auf einem anspruchsvollen. Es kann auch bedeuten, dass sie im Energie-Projekt mit einer Lerngruppe arbeiten, in der die meisten Schüler*innen schon etwas älter als sie selbst sind. Wir finden: Nicht die Schüler*innen sollten sich dem Unterricht anpassen, sondern umgekehrt. Das gilt auch und gerade für Schüler*innen mit Beeinträchtigungen. Noten und Sitzenbleiben finden wir weniger wichtig, als dass Schüler*innen lernen, ihr Lernen selbstständig zu organisieren und ihre Lernentwicklung zu reflektieren - und zwar nicht nur bis zum gewünschten Schulabschluss, sondern lebenslang.
Moderner, flexibler Unterricht erfordert moderne, flexible Schulgebäude mit Nebenräumen für wechselnde Kleingruppen und verstellbaren Wänden. Wir setzen uns daher für ein Programm ein, mit dem nicht nur Selbstverständlichkeiten finanziert werden - wie Sanierungen oder eine zeitgemäße Sporthalle -, sondern mit dem nach und nach alle Braunschweiger Schulen modernisiert werden.
Für unsere Reformvorhaben wollen wir die Ausgaben für Bildung im Bundeshaushalt deutlich erhöhen und dem Bund mehr Zuständigkeiten in der Bildungspolitik verschaffen. Eine Bundesbildungskommission aus Abgeordneten der Länder und Wissenschaftler*innen soll bis 2031 den Wandel hin zu einem einheitlichen, vergleichbaren Bildungssystem gestalten.
Ein weiteres Ziel von Volt ist es, Bildung sozial gerechter zu machen. In keinem Land der EU hängt der Erfolg von Kindern so stark von der Herkunft ihrer Eltern ab wie in Deutschland. Der Distanzunterricht hat sozial benachteiligte Familien besonders stark getroffen. Wir wollen, dass eine Schule je 150 Schüler*innen eine*n Sozialarbeiter*in beschäftigt. Dafür wollen wir die Zahl der städtischen Sozialarbeiter*innen erhöhen. Denn Schule ist viel mehr Ort als nur eine Lehranstalt. Ganztagsangebote wiederum sind wichtig, z.B. damit zugewanderte Kinder Sprachförderung erhalten oder damit Schüler*innen aus allen gesellschaftlichen Schichten Sport treiben oder musizieren können. Wir wollen daher den Ausbau von Ganztagsangeboten beschleunigen und auf weiterführende Schulen ausdehnen.
Die Digitalisierung von Schulen geht ja ziemlich langsam voran. Was möchten Sie ändern, um die Digitalisierung voranzutreiben?
Wir wollen digitaler Bildung den Stellenwert einräumen, den sie in den letzten Jahren nicht erfahren hat. Dazu brauchen wir, was z.B. in Dänemark längst Standard ist: Breitbandanschlüsse in jeder Schule, einheitliche digitale Endgeräte für Schüler*innen und Lehrkräfte, die von der Stadt gestellt und gewartet werden, und einen Unterricht, an dem man über datenschutzkonforme Lernplattformen teilnehmen kann, egal wo man gerade ist - ob im pandemiebedingten Distanzlernen oder in Kroatien im Rahmen eines Online-Projekts mit der dortigen Partnerschule.
Manches, wie den Netzausbau, muss die Stadt endlich anpacken. Anderes hat der Bund schon heute im Rahmen des Digitalpaktes finanziert, z.B. die Anschaffung von Endgeräten. Aber die Bürokratie überfordert Lehrkräfte und Schulleiter*innen, sodass sie die Mittel nicht abrufen können. Wir finden: Eine Service-Stelle der Stadtverwaltung sollte auf die Schulen zugehen und alles organisieren, was nötig ist, um die Vorstellungen der Schulgemeinschaft von digitaler Bildung zu verwirklichen.
Inhaltlich sollten in unserer Schule der Zukunft digitale, alltägliche Themen eine größere Rolle im Unterricht spielen, z.B. Fake News und Deep Fakes, die Funktionsweise von Algorithmen oder Cybermobbing. Dafür setzen wir uns auf Komunal-, Bundes- und bald auch Landesebene ein.
Wir erkennen die Klimakrise als größte Herausforderung unserer Zeit an und wollen aktiv daran arbeiten, dass alle europäischen Staaten das Pariser Klimaabkommen erfüllen. Wir möchten, dass Europa bis 2040 die Klimaneutralität erreicht. Um dieses Ziel möglich zu machen, müssen wir die anstehende Transformation in allen Lebensbereichen umsetzen (z. B. Industrie, Bauen, Verkehr).
Konkret wollen wir in Braunschweig ein 356 € Ticket einführen. Zudem wollen wir für Fahrradwegenetz anlegen, um das Fahrradfahren bequemer, schneller und sicherer zu machen. Wir glauben, wenn es wirklich sinnvolle Alternativen zum motorisierten Individualverkehr gibt, werden die Menschen gerne umsteigen.
Was möchten Sie in Zukunft in der Politik ändern?
Die Demokratie lebt von der politischen Beteiligung ihrer Bürger*innen. Um den Bürger*innen eine Teilhabe an politischen Prozessen zu ermöglichen, muss diese transparenter und zugänglicher werden. Wir wollen politische Teilhabe fördern, indem wir bestehenden politischen Hürden (wie z.B. fehlende finanzielle Mittel, politische Bildung) aktiv entgegenwirken. Wir wollen eine diverse, vielfältige und bunte Politik, in der jeder Mensch die Möglichkeit hat, sich über Wahlen hinaus an der Demokratie zu beteiligen.
Was möchten Sie speziell in Braunschweig machen/ändern?
Auf lange Sicht soll Braunschweigs Innenstadt, innerhalb des Rings autoarm werden. Um dies zu erreichen muss zunächst die Fahrradinfrastruktur enorm ausgebaut werden. Wir wollen wie in Kopenhagen die Ausgaben für die Fahrradinfrastruktur auf 35 € pro Einwohner erhöhen. Für Menschen die außerhalb von Braunschweig wohnen und nach Braunschweig kommen um zu arbeiten, zur Schule zu gehen und einkaufen zu gehen, müssen wir frühzeitig Infrastruktur aufbauen die es ihnen ermöglicht dies auf Klimafreundlichen Weg zu tun. Dies gelingt anderswo bereits durch eine Vielzahl an Park&Ride-Möglichkeiten, wo Menschen ihre Autos parken können und durch günstige Leihräder, Bus und Bahn in die Innenstadt gelangen.
Zudem wollen wir eine moderne und bürger*innennahe Kommunalpolitik, die auf digitale, nachvollziehbare und verständliche Prozesse setzt, an denen sich die Braunschweiger*innen beteiligen können. Jeder Gang zur Behörde (z. B. Personalausweis beantragen) sollte auch online möglich sein. In Kasper Haller sehen wir einen digital-kompetenten Kandidaten, der unsere Forderungen umsetzen kann.
Volt ist eine paneuropäisch Partei. Die meisten Probleme lassen sich nicht national lösen, sondern nur gemeinsam mit unseren europäischen Nachbarn. Weshalb wir als Bewegung in 29 Ländern aktiv und in 17 Ländern als Partei registriert sind. Neben zahlreichen deutsche Kommunen sind wir auch in Italien und Bulgarien in Stadträten vertreten. Seit dem März 2021 auch mit 3 Mandatsträger*innen im niederländischen Parlament. Dabei verfolgen wir den Ansatz uns die Lösungen anderer Städte und Länder für unsere Probleme anzuschauen und zu prüfen, inwiefern wir diese übernehmen können.
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