Aus der Sicht eines Mädchens von der kleinen grünen Insel. Die irische Gastschülerin
Jennifer Sheerin über ihre Erfahrungen am WG
Eine Kirche oder eine Schule? Das war meine erste Frage als ich zum ersten
Mal das Wilhelm-Gymnasium gesehen habe. Es sieht sehr alt aus, im Vergleich zu
meiner Schule, aber trotzdem habe ich das Gefühl, dass die Schüler hier sehr
viel lernen.
Drinnen war ich sehr überrascht, wie altmodisch die Schule aussieht, mit
einer kleinen Mensa und fast keinen Schließfächern, es sah komplett anders aus
als meine Schule in Irland. Aber ich fand es total interessant, all die
Unterschiede zu sehen. Ich finde, der Remter ist ein toller Ort, wo man sich unterhalten und entspannen kann.
Die Klassenzimmer in Irland sind viel moderner im Vergleich zu denen des
Wilhelm-Gymnasiums. Mit den Tafeln, der Kreide und den alten Projektoren,
Eigentlich war es eher so, wie es in früheren Zeiten in Irland war. Aber
trotzdem ist der Unterricht immer sehr interessant, und in Deutschland ist es
ganz klar, dass man alles Moderne und Neue nicht braucht, um die Fächer zu
lernen. Die Schüler sind immer sehr aktiv im Unterricht, und die Lehrer haben
viele gute Ideen, um ihre Fächer interessant zu gestalten. Ich habe zwar ein
Smart Board im WG gesehen, aber benutzt wurde es selten und ich fand es lustig,
dass einige Lehrer es gar nicht benutzen konnten!
Unsere irische Autorin Jennifer |
Anstatt zwei halbe Jahre, haben wir drei ,,Terms“. Das bedeutet, wir
bekommen drei Zeugnisse im Jahr. Der Stundenplan ist auch ganz anders in
Deutschland als in Irland. Die Schule beginnt später in Irland, um neun Uhr,
aber sie endet auch später: um vier Uhr. Jeden Tag haben wir neun Stunden
Unterricht. Zuerst haben wir drei Stunden, dann eine kleine Pause, die dauert
fünfzehn Minuten, dann wieder drei Stunden, eine große Pause und danach noch
einmal drei Stunden. Außerdem gibt es hier in Deutschland viele Doppelstunden,
das haben wir in Irland nicht so oft. Wir haben unsere Pausen immer um die
gleiche Zeit, und wir müssen in der Schule bleiben. Wir können auf keinen Fall
in die Stadt gehen, so wie es hier in Deutschland ganz normal ist. Die Schüler
haben so viele Freiheiten, da bin ich ganz neidisch.
Das Schulsystem ist auch grundsätzlich ganz anders als in Deutschland. Wenn
man fünf Jahre alt ist, geht man zur Grundschule. Das dauert acht Jahre. Dann,
wenn man ungefähr zwölf Jahre alt ist, geht man zur Sekundar-Schule. Hier gibt
es einen großen Unterschied zwischen der Schule in Irland und Deutschland. In
Irland müssen wir nur eine neue Schule wählen, in Deutschland dagegen muss man
sich zwischen Gymnasium, Realschule, Hauptschule oder Gesamtschule entscheiden.
Man könnte sagen, es gibt nur die Gesamtschule in Irland, manche sind
öffentlich und manche privat.
Es war auch eine Überraschung, dass jede Klasse ihr eigenes Klassenzimmer
hat, wo meistens der Unterricht stattfindet (außer Religion, Sport usw.) In
Irland wechseln wir immer unsere Unterrichtsräume, deswegen finde ich die
Schließfächer in meiner Schule sehr praktisch und ich weiß jetzt, warum sie
nicht so wichtig in Deutschland sind.
Gut gefallen haben mir die AG’s im WG. Es gibt so viele Sachen, die man
machen kann, und ich finde das toll. Nicht nur die normalen Dinge , auch andere
Sachen, die ich noch nie gehört habe. Zum Beispiel Ausdauer-AG, Schach-AG und
Manga-AG, so was gibt bei uns gar nicht. Es gibt so viele Gelegenheiten für die
Schüler, etwas nach der Schule zu machen. In Irland haben wir nur Fußball-,
Basketball-, Hockey-, Badminton-Mannschaften und Leichtathletik, aber ansonsten
nicht so viel.
Manchmal habe ich auch meine Schuluniform hier in Deutschland vermisst. Ein
blauer Pullover, dunkelblaue Hose oder einen blauen Rock und ein Hemd sind
immer meine Wahl für der Woche. In meiner Schule haben wir auch eine Schuljacke
und bestimmte Schuhe, die du tragen musst. Ich dachte, alle Schüler werden ihre
Dirndl und Lederhosen sehr stolz zur Schule tragen, aber wie enttäuscht war
ich? Ich habe bis jetzt gar kein Dirndl oder Lederhosen gesehen. Wie schade,
Deutschland! Ich hatte auch Sorge, dass in der Schule sehr viel über Kleidung
gesprochen wird. Aber ich war glücklich, dass das überhaupt kein Thema ist. Die
Schüler tragen, was sie wollen, und ich finde das toll.
Ich bin sehr eifersüchtig, dass man von der dritte Klasse an Englisch
lernt. Das finde ich super! In Irland lernen wir eine Fremdsprache nur am
Anfang der Sekundar-Schule. Das heißt, mit dreizehn Jahre. Ich finde es
unglaublich, wie gut die Deutschen in Englisch sind, und wie enthusiastisch die
Deutschen sind, um Englisch zu lernen. Ich finde es auch super, dass man Latein
und/oder Alt-Griechisch lernen kann. Außerdem finde ich Politik auch toll. Wir
haben keinen Unterricht wie diesen.
Die Noten sind auch ganz anders in Irland als in Deutschland. Anstatt
Zahlen haben wir Buchstaben. Das heißt
A, B, C, D, E, F. Alles unter 40 % ist ein Misserfolg. Jedoch sind die Noten,
die deine Lehrer dir geben, nur für die schriftlichen Arbeiten. Das heißt,
keine Noten für das, was du in deinem Unterricht gesagt oder gemacht hast. Die
mündlichen Noten, die die Schüler in Deutschland bekommen, finde ich ein super
Idee. Außerdem bekommen wir keine Noten für Sport, was ich sehr schade finde.
Wie gesagt, um viele Dinge beneide ich die deutschen Schüler, aber wir
haben drei Monate Sommerferien in Irland, und ich bin mir sicher, dass viele
Schüler und Lehrer uns darum beneiden. Ich finde das auf jeden Fall nicht so
schlecht….
Wir haben ein extra Jahr in Irland, nach drei Jahren in der
Sekundar-Schule, das es hier in Deutschland gar kein gibt. Es heißt „Transition
Year“ und ist ein Jahr, das man wählen kann oder nicht. Während des Jahres kann
man praktisch Sachen machen, die es in einem normalen Jahr gar nicht gibt. Und
zwar kann man Arbeitserfahrungen sammeln oder neue Fächer ausprobieren oder,
wie ich, einen Austausch oder Ähnliches machen. Es gibt keine Prüfungen, aber
es gibt trotzdem Unterricht. Dann am Ende des Jahres muss man die Fächer
auswählen, die man für das „Leaving Certificate“ (unsere Abitur) machen möchte.
In meiner Schule haben wir außerdem eine Sprechanlage, über die uns die
Schulleiterin jede Morgen begrüßt. Sie sagt immer „Guten Morgen“ und berichtet
über etwas, das in der Schule passiert ist, oder was für Termine ausstehen.
Schade, dass es so etwas hier nicht gibt.
Ich finde die Schule in Deutschland, obwohl es ganz anders ist, sehr gut
und ich verstehe jetzt, warum Deutschland als Land so erfolgreich und mächtig
ist. Eines Tages werde ich gerne zurückkommen.
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