Wie ein abstraktes Bild. Jonas
Gawinski und Sara Specht haben sich im Haus III des Staatstheaters David Greigs „Monster“ in der Inszenierung von Ulrike Hatzer angesehen
Zur Handlung:
Die 16-jährige Schülerin Duck wohnt gemeinsam mit ihrem Vater in einer kleinen
Wohnung. Er ist ein Gras rauchender Onlinegamer (wobei er diese Seite besonders
des Nachts auslebt), leidet an Multipler Sklerose und ist halb blind. All dies
macht Ducks Leben zu einem einzigen Hürdenlauf: ihr Vater, der die Wohnung mit
einer verlässlichen Regelmäßigkeit in Unordnung bringt und hinter dem sie
herräumen muss, ihr Schul- und Liebesleben und die Monster im Flur, die auch
nicht unbedingt zur allgemeinen Ordnung beitragen. Die Monster stiften
Verwirrung und existieren als letzte und einzige vage Ordnung im Alltagschaos.
Nebenbei lässt Duck sich von ihrer Fantasie leiten und schreibt. Bis zu beiden
Knien in leeren Pizzakartons, befindet Duck dennoch: Sie hat alles im Griff!
Als eines Tages eine Dame des Jugendamtes vor der Tür steht, gilt es das auch
ihr zu beweisen.
Im Pizzachaos: Anja Dreischmeier, Ravi Marcel Büttke, Luis Lüps, Anja Signitzer (v. l. n. r.) |
Im Grunde ist alles in Ordnung. Duck stemmt das alltägliche Leben, ist
gut in der Schule und ahnt nicht, dass ihr Vater in seinen nächtlichen
Internetsitzungen Bountyriegel essend und haschrauchend seine
Internetbekanntschaft pflegt und ausbaut. Als diese eines Tages unerwartet in
die Wohnung hereinschneit, ist Duck völlig perplex; hinzu kommt ihr Mitschüler,
der ihr ein recht unmoralisches Angebot macht. Diese lustige Gesellschaft
tummelt sich also in der Müllidylle, während das Jugendamt an der Tür klopft,
das es nun ordentlich zu verwirren gilt. Nach Ducks Plan funktioniert genau das
auch sehr gut. Mit völlig misslungenen Käsemakkaroni nimmt das Unheil seinen
Lauf.
Kräftig gesungen wird auch! |
Unsere Einschätzung:
Die Monster im Flur fungieren als eine Art Gewissen der Schauspieler,
und durch das wirre Wechselspiel der Monster kann man das Stück als ein
abstraktes Bild auffassen, eine Darstellung der inneren Konflikte in einer mehr
als nur ungewöhnlichen Lebenssituation.
Sie geben außerdem eine Ordnung vor im täglichen Chaos, die vor allem
emotional gelenkt ist. Ein Beispiel dafür ist Ducks Monster, welches in
Schlüsselszenen immer wieder ein in die Länge gezogenes, in die Tiefe
stürzendes „Neeeeiiiiiiin“ ausstößt, und man kann an diesen Stellen
nachempfinden, dass die Siebzehnjährige von allem überfordert ist. Einzig das
Schreiben rettet sie in eine andere Welt: Sie koppelt sich ab von der Realität
und flüchtet in die Wörter.
Da die Schauspieler ständig ihre Rollen tauschten, wird der Zuschauer
in das wirre Beziehungsgeflecht gewoben und versteht es besser, sich
einzufühlen in einen Konflikt zwischen Vater und Tochter, Ordnung und Chaos,
der aber durch die innige Verbundenheit wieder abflacht und durch Liebe sowie Verzicht
auf eigene Interessen gar nicht mehr von tragender Bedeutung ist. Insgesamt:
ein sehenswertes Stück.
Fotos: Volker Beinhorn
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