Freitag, 10. Februar 2023

Generation Alpha

Handy & Co.: Je früher, desto besser? Kim Elfert (9ms2) über problematische Tendenzen der Digitalisierung.


Seit Anbeginn der Zeit entwickelt sich die Menschheit weiter, so auch in den Generationen. Wenn man sich verschiedenste Generationen vor Augen hält, fällt auf, dass bei einer jedoch die Digitalisierung und Globalisierung einen enormen Einfluss hat. Bei der heutigen Generation Alpha.

Ein Blick zurück:

Die Generation der Baby-Boomer (1946-1964) wurde stark auf berufliches Konkurrenzverhalten, Aufmerksamkeit und Individualität geprägt.

1965-1980 lagen die Prioritäten der Generation X auf

- dem technischen Fortschritt

- dem Intergrationsprozess der EU (engere Zusammenarbeit europäischer Staaten, Entwicklung der Gemeinschaft von der Montanunion (23. Juli 1952, Paris) bis zur EU von heute und dem im Prinzip immer noch nicht abgeschlossenen Prozess der Europäischen Einigung)

- und Problemen aufgrund vieler Umweltkatastrophen (Erdbeben in Peru am 31. Mai 1970, ein weiteres Erdbeben in Peru am 09. Dezember 1970, Erdbeben in Gediz 1970, Zyklon in Ostpakistan, Ölkatastrophe im nördlichen Amazonastiefland, Kollision eines Tankers in Japan, Tankerunglück Anne Mildred Brovig, kollidierter Tanker Texaco Massachusetts, Torrey Canyon, Mandoil, World Glory und unzählige weitere Tanker-Kollisionen bis 1979).

Dem entsprechend befasste sich die Generation Baby-Boomer mit dem Aufbau des Umweltschutzes. In den 1980er Jahren gab es vor allem Konjunkturkrisen und eine steigende Rate der Arbeitslosigkeit und der Scheidungen sowie die Zunahme von Doppelverdienern.

Die erste Generation der Digital Natives

Die Generation Y (1981-1996), benannt nach „Why“, Warum, ist in einer Multioptionsgesellschafft groß geworden. Geprägt wurde sie durch Terroranschläge (wie z. B 9/11), eine hohe Jugendarbeitslosigkeit und große Unsicherheit. In dieser Generation gab es besonders viele H.E.N.R.Y’s, d. h. Menschen, die sehr gut verdienen, aber noch nicht als reich gelten. Die Generation Y ist die erste Generation von Digital Natives.

1997-2010 kam die Zeit der Generation Z, auch „Zoomer“ gennant, welche mit Internet, Handys, Smartphones und Tablets aufgewachsen ist (Digital Natives). Zu dieser Zeit kommen auch Soziale Netzwerke (Austausch von Daten und das Benutzen von gemeinsamen Ressourcen, wie z. B über Instagram, Facebook usw.) neu in die Welt, wobei sich die Menschen eher auf ihre ganz persönlichen Ziele konzentrieren und deshalb oft als Individualisten gelten. Mehr als nur das Teilen von Erlebnissen mit über einen privaten Account kam nicht in Frage. Danach begann das Maximieren von mehr oder weniger aufregenden Erlebnissen ins Spiel und die ersten Videos und Fotos gingen „online“. Das führt uns zu unserer Zielgruppe, der Generation Alpha.


Aufgewachsen mit den Technologien des 21. Jahrhunderts

Ab 2011 ist die Generation Alpha der Nachfolger von Generation Z (1997-2010). Es handelt sich um die Generation, die in etwa zwischen 2011 und 2025 geboren ist oder geboren sein wird und welche die Generation ist, die komplett mit den Technologien des 21. Jahrhunderts aufwachsen wird. Sowohl das Denken als auch das Leben dieser Generation ist um ein Vielfaches digitaler, als es bei der ersten Generation der Digital Natives war.

Der Punkt dabei ist, dass die Kinder dieser Generation mit weiterer Digitalisierung aufwachsen und den demografischen Wandel (die Veränderung der Bevölkerungszusammensetzung, z. B. durch mehr alte Menschen, Sterbende oder Neugeborene, die Anteile von eingebürgerten Menschen und Flüchtlingen, Ausländern und Inländern) unausweichlich miterleben wird. Außerdem trägt die politische instabile Lage ihren Teil zum Lebensgefühl der Generation Alpha bei.

Eine der großen Fragen für diesen Artikel ist, was für einen Einfluss die Sozialen Netzwerke auf die heutige Generation hat und was das für die Gemeinschaft bedeutet.

Immer unruhiger und ablenkbarer

Durch die sich ständig fortbildende Digitalisierung steigt der Medienkonsum dieser Generation drastisch. 70 Prozent der Kinder spielt täglich mit digitalen Endgeräten entweder der Eltern oder eigenen, was nachweislich zu motorischer Hyperaktivität führen kann sowie zu Sprachentwicklungs- und Konzentrationsstörungen, sozialen Problemen aber auch  zu Einschlafproblemen und einem früh ausgeprägten Suchtverhalten. Durch diesen überdurchschnittlichen Konsum und den meist nicht eingeübten sinnvollen Umgang werden die Kinder immer unruhiger und ablenkbarer.

Zum anderen geht es um Risiken, die sich vor allem durch die Nutzung digitaler Medien und den Einfluss von Kinder-Influencern auf die Kommunikation ergeben. Dabei stellen Cybermobbing, Cyber-Grooming (gezieltes Ansprechen von Kindern mit sexuellen Hintergedanken, was zu Missbrauch führen kann) aber auch Datenmissbrauch Risiken dar, die für die Eltern und ihre Kinder unbedingt mehr in Gesprächen sensibilisiert und kontrolliert werden sollten.

Kinder-Influencer

Nicht auszuschließen sind auch Soziale Netzwerke wie YouTube, wo Kinder von ihren Eltern als Influencer unterstützt oder ermutigt werden, wobei nicht selten Eltern einen Nutzen in ihren minderjährigen Kindern für den eigenen Profit oder die eigene Selbstdarstellung sehen. Was uns zum aktuellen Punkt führt, dem der Kinder-Influencer.

Immer mehr Kinder üben diesen „Beruf“ aus oder hoffen, damit Geld verdienen zu können, tägliches Posten von Videos oder Fotos, der Versuch, den Algorithmus zu füttern und im Geschäft um Aufmerksamkeit mitzuhalten. Hier ein paar Beispiele von minderjährigen Kindern, die trotz der Altersbeschränkungen in Sozialen Netzwerke aktiv sind.

Ava (elf Jahre) ist schon lange auf YouTube aktiv und gilt als einer der erfolgreichsten YouTuberinnen in ganz Deutschland. Ava hat derzeit 1,08 Millionen Abonnenten und führt ihren eigenen Tik-Tok-Account, der aufgrund ihres damaligen Alters (neun Jahre) häufiger gebannt wurde. Sie hat über zwei Millionen Follower.

Ihr YouTube-Content handelt über Typologie, 24 Stunden Challenges, Arten, Pancakes zu backen und Experimente. Außerdem sind auf ihrem Kanal Adresse und Emailadresse veröffentlicht. (Quelle: Alles Ava, https://www.youtube.com/c/AllesAva/featured).

Ryans Kaji (elf Jahre) ist auch bekannt als „Ryans World“ und hat aktuell 33,6 Millionen YouTube-Abonnenten, außerdem ist dieser durch seine „Giant Eggs Toys Challenge“ mit rund 1,97 Milliarden Views berühmt geworden.

Ryan ist seit dem 17. März auf YouTube aktiv und lädt oftmals die Woche neue Videos hoch. Sein Content bietet außerdem wissenschaftliche Experimente, Animationen für Kinder und 24 Stunden Challenges. (Quelle: Ryans World, https://youtube.com/c/RyanToysReview).

In den ersten zehn Lebensjahren eines Kindes werden Informationen schneller aufgenommen und verarbeitet, sprich, das Kind lernt schneller und besser. Aber was passiert, wenn der Alltag nur noch aus digitalen Medien besteht?

Ein Fünftel suchtgefährdet

Mittlerweile sind es rund 22,4 % der Bevölkerung von 12-17 Jahren, welche einen problematischen Medienkonsum haben. Wie erkennt man eine solche Sucht? Der Besitzer oder Nutzer verliert die Kontrolle über den Handygebrauch. Es wird zu jeglicher Situation gezückt und das Handy wird unentbehrlich.

Und wie viele Eltern erziehen eigentlich mit digitalen Medien?

Vor allem Videos, Fotos und Musik

Eine neue Studie beweist, dass rund 72 % der 0-6 Jährigen ihre freie Zeit im Internet verbringt und 3-6 Jährige gelegentlich selbst auf digitale Plattformen zugreifen. Eine frühe Sucht entwickelt sich. Am häufigsten beschäftigen sich die Kinder dabei mit dem Tablet (32 %), gefolgt vom Smartphone (30 %) und dem alten Medium Fernsehen (21 %). Computer und Laptop liegen aktuell bei rund 4%. Die digitalen Hauptbeschäftigungen sind Videos anschauen (73 %), Fotos anschauen (61 %), Musik hören (61 %) und Spiele spielen (51 %). Die am häufigsten gestreamten Plattformen, sind YouTube, Tik Tok, Twitch etc. Die Hälfte der Kinder nutzt dazu das Gerät ihrer Eltern, 28 % ein Familien-Gerät. 22 % der Kinder unter 6 Jahren haben bereits ein eigenes Gerät zur Verfügung. Dabei beschäftigen sich 33 % der kleinen Kinder täglich mit einem internetfähigen Gerät.

Aber wie sehr verändern Soziale Medien das Selbstwertgefühl unserer Kinder? Welchen Einfluss haben sie?

Eine zu hohe Nutzung dieses digitalen Endgeräts kann zu Depressionen und einer Verringerung des Selbstwertgefühls führen, was auch mit der Haltung zutun hat. Allerdings wird dieses nicht nur bei Kindern beobachtet, sondern auch bei Erwachsenen.

Zusammenhang von Sozialen Medien, Körperhaltung, deprimierter Stimmung

Zahlreiche Studien beweisen, dass dass sich unsere Stimmung deutlich bessert, wenn wir bewusst lächeln, auch wenn uns nicht zum Lächeln zumute ist (das passiert durch bestimmte Hormone, die beim Lächeln in unserem Körper ausgestreut werden, sogar wenn wir selber von anderen Menschen angelächelt werden). Wir fühlen uns vorher unsicher und nehmen dann eine aufrechte und selbstbewusste Körperhaltung ein, fühlen uns dadurch selbstbewusster.

Es ist also nicht verwunderlich, dass unsere Haltung, die wir bei der intensiven Nutzung mit dem Smartphone einnehmen, sich auch auf unsere Stimmung auswirkt. Beugen wir unseren Rücken und senken den Kopf, dann ist dies genau die Haltung, die wir bei Trauer und Depressionen einnehmen. Wir riskieren also unbewusst durch die intensive Nutzung des Smartphones und die damit verbundene Körperhaltung eine schlechte Laune bis hin zu einer negativen und sogar deprimierten Stimmung. Wenn wir also für längere Zeit nach unten auf das Smartphone schauen, schwächen wir dadurch unser Durchhaltevermögen und produzieren sogar ein bestimmtes Stresshormon (Cortisol) durch unsere reduzierte Konzentration.

Im Grunde genommen wird es zugelassen, dass unsere Psyche von diesem Gerät abhängig werden kann.

Die intensive Nutzung digitaler Medien kann genauso süchtig machen wie ein hoher Alkoholgenuss oder unkontrolliertes Spielen im Internet. Diese Abhängigkeit führt dann dazu, dass Betroffene in Panik geraten, wenn sie kein Handy zur Hand haben oder der Akku leer ist.

Die Angst, nicht erreichbar zu sein

Sie wollen unbedingt erreichbar sein und müssen immer wissen, was aktuell passiert. Sie machen ihr Selbstwertgefühl davon abhängig, ob andere ihre Mails beantworten, und leiden unter Ängsten und Depressionen, wenn sie nicht gefragt oder nicht geliked werden. Diese Probleme werden also durch diesen unkontrollierten Umgang bei Kindern schon sehr früh hervorgerufen und „unterstützt“.

Meist wird die Nutzung dieses Gerätes in den Vordergrund gestellt (eine falsche Prioritätensetzung), sprich das Miteinander zuhause verändert sich kritisch.

Es fängt alleine schon dabei an, dass Aufgaben im Haus vergessen werden, weil das Spiel gerade wichtiger war, das Handy- oder Tablet-Spiel am Essenstisch weitergespielt wird etc.

Schlussendlich möchte ich damit festhalten, dass eine unkontrollierte und zu sehr unterstütze Nutzung des Smartphones und anderer digitaler Geräte sowohl psychisch und gesundheitlich dem Kind und den noch kommenden Generationen stark schaden können. Und die Digitalisierung hat kein Ende.


Quellen:

https://amp.focus.de/familie/eltern/kindergesundheit/kinder-haben-weniger-weisse-gehirnmasse-hirnforscher-warnen-vor-folgen-der-handynutzung_id_11321531.html

https://www.lvz.de/lokales/leipzig/studie-fruehe-handy-nutzung-sorgt-fuer-schlechte-mathe-noten-CA27VTFY7YUEZF4U4AXMDWK5GM.html?outputType=valid_amp

https://www.zhaw.ch/storage/psychologie/upload/forschung/psychotherapie/smart-toddlers/2021_vonWyl_etal_Paediatrie.pdf

https://www.tagesspiegel.de/politik/sind-smartphones-und-tablets-fur-kinder-schadlich-6870595.html

https://www.spiegel.de/netzwelt/gadgets/handy-umgangsformen-eltern-muessen-etikette-vorleben-a-1055768.html